07.08.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Wir möchten das Gute bewahren«

WESTFALEN-BLATT-Serie über Cafés in Gütersloh -ÊBei Fritzenkötter Ruhe finden

Von Catarina Hofmann
Gütersloh (WB). Im Café Fritzenkötter musste während der Fußball-WM die allgemeine Kicker-Hysterie vor der Tür bleiben. Das einzige Zugeständnis war eine Sorte von mehr als 50 Sorten hausgemachter Pralinen, auf denen sich ein Fußballmuster befand. Das passt bei Fritzenkötter zur Hausphilosophie.

»Wir mögen es nüchtern. Sachlich. Mein Mann und ich. So haben wir das Café vor drei Jahren auch umbauen lassen. Hell sollte es werden. Die Vitrinen mit den Zinnfiguren von den alten Handwerkern sind raus, die Séparées sind weg. Mehr Offenheit zur Straße«, erklärt die junge Mitinhaberin Inka Fritzenkötter. Das Café ist für Menschen, die Ruhe suchen. Ein Bild an der Wand genügt, denn: »Bewegung ist genug vor dem Fenster.« Tatsächlich ist auf der Strengerstraße immer etwas los, eine Unruhe im Kontrast zur Ruhe im Café. »Die Leute wollen was zu sehen haben. Deshalb wäre es auch schade, wenn der Platz bebaut würde. Die Bäume müssten dann auch weg.«
Drei ältere Frauen treffen sich zum Frühstück und haben sich viel zu erzählen. Ein Paar mit einem Hund kommt herein und wählt einen Fenstertisch. Ein älterer Herr liest Zeitung. Zwei andere Kaffeehausgäste nehmen den Ecktisch neben der Tür. Sie sind scheinbar Stammgäste und rauchen. »Der Nichtraucherbereich ist geplant, es fehlen nur noch die Schilder«, sagt Inka Fritzenkötter.
Das Café gibt es seit 1887. Es ist als Familienbetrieb vor acht Jahren in vierter Generation von Inka und Christoph Fritzenkötter übernommen worden. Ihr Ziel: modern, aber der alten Tradition verpflichtet. Geblieben ist der Schriftzug außen und der Türgriff an der Eingangstür - ein Baumkuchen - als Symbol für die Konditorei-Innung. Angeschlossen ist die eigene Bäckerei und ein Laden neben dem Kaffee.
»Mein Schwiegervater holte mit dem Pferdewagen die Früchte für den Kuchen noch selbst vom Bauern.« Jetzt sind die Fenster neu, dem Denkmalschutz entsprechend, Holz aber in der alten Form. Die Aufteilung im Inneren ist verändert. Hellgelbe Wände und dem klassischen Kaffeehausstuhl nachempfundene Stühle mit dunkelgrünen Polstern laden ein Platz zu nehmen.
Wer hier einkehrt, bekommt seinen Kaffee im Fritzenkötter- Geschirr an den Platz gebracht. Mehr als 20 Kaffeespezialitäten und neue Kakaovarianten werden angeboten. »Wir möchten aktuell bleiben und das Gute bewahren«, sagt die Chefin des prächtigen rosa Hauses mit den Arkaden. Eine Kaffeespezialität ist Kaffe Arabica - mild mit edler Säure. Aber egal welche Sorte man wählt: Tasse für Tasse wird frisch gebrüht.
Zwischen elf Sorten Tee kann der Gast unter dem Motto »Tee lässt der Seele Flügel wachsen« wählen. Zwei bis sieben Euro kostet ein Frühstück, als Westfälische Spezialität gibt es süßen Kartoffelpickert in Kasten- und Pfannenform. Für den herzhaften Geschmack stehen Ofenkartoffeln, Salate, Suppen, hausgemachter Kartoffelsalat oder Snacks wie Quiche oder Strudel bereit. Die Brötchen werden auf einem Etagenofen gebacken und nicht bei Umluft, damit sie eine höhere Frischhaltung haben.
Das Telefon klingelt. Wann kommt die Torte? Von Bielefeld bis Lippstadt und Paderborn werden Hochzeitsgesellschaften mit Torten beliefert. Die Tortenkreationen stehen unter dem Motto: »Nichts ist unmöglich!« Jeder auch noch so ausgefallene Kundenwunsch wird erfüllt, wie ein Fotobuch im Eingangsbereich beweist. Und Qualität wird dabei groß geschrieben: Zutaten wie Lübecker Marzipan und belgische Schokolade bilden die Grundlage für die Köstlichkeiten.
Eine Außengastronomie unter den Arkaden bietet bei Sonnenschein weitere 40 Plätze, Anziehungspunkt für die so genannte Laufkundschaft. Vor oder nach dem Einkaufen, in der Mittagspause. Hausgemachtes Eis ist dann ein weiterer Anziehungspunkt.
Wird es eine fünfte Generation bei Fritzenkötter geben? Drei Anwärter gibt es schon. Aber die sind noch zu klein, um sich mit dieser Frage ernsthaft zu beschäftigen.

Artikel vom 07.08.2006