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Nachbarn in 900 Meilen Entfernung

Nicola Brentzke und Margarethe Schlichter werden sich in den USA umgewöhnen müssen

Von Jan Hirscher (Text und Fotos)
Bad Oeynhausen (WB). Langsam steigt das Kribbeln im Bauch, bald geht es für zehn Monate in die Vereinigten Staaten. Nicola Brentzke und Margarethe Schlichter bereiten sich auf ihre Reise vor.

Von Volmerdingsen bis nach Bergkirchen ist die Entfernung nicht allzu weit. In den USA müssten Nicola Brentzke und Margarethe Schlichter jedoch weitere Strecken zurück legen, um sich zu besuchen. Die beiden 16-Jährigen zieht es in den Mittleren Westen, genauer gesagt nach Missouri und nach Kansas.
»Aufgeregt bin ich auf jeden Fall und die Angst macht sich langsam bemerkbar. Aber die Freude, dass es endlich losgeht, überwiegt«, versichert Margarethe Schlichter.
Dass die beiden Mädels in Nachbarstaaten eine Familie gefunden haben, war Glück. Denn beide treten ihre lange Reise mit zwei verschiedenen Organisationen an. Nicola Brentzke fliegt mit der Organisation »Kompass«, Margarethe Schlichter hingegen plante ihren Aufenthalt mit der Organisation »Experiment«.
O'Fallon und Oakley, so heißen die neuen Heimatstädte der Mädchen. Zwischen den Städten liegt jedoch eine Entfernung von ungefähr 900 Meilen. Für deutsche Verhältnisse viel, für amerikanische eher weniger. »Wir wollen uns schon gegenseitig besuchen«, sind sich die beiden Schülerinnen sicher. Am liebsten wollen sie sich genau in der Mitte - in Kansas City - treffen und am besten reisen sie mit dem Flugzeug an.
Zwischen Ende Mai und Anfang Juli haben Nicola Brentzke und Margarethe Schlichter erfahren, wohin es sie genau verschlägt. »Ich habe eine Gastmama mit zwei jüngeren Kindern. Die Kleinen freuen sich schon darauf, eine Schwester zu bekommen«, erzählt Nicola Brentzke. Ihr wird der Umzug von Bad Oeynhausen nach O'Fallon, einer Vorstadt von St. Louis, wohl eher leichter fallen: Mit 69 000 Einwohnern ist die Stadt in Missouri nur etwas größer als Bad Oeynhausen.
Margarethe Schlichter muss sich hingegen wohl mehr umstellen: Ihre neue Heimatstadt hat lediglich 2 200 Bewohner - die nächst größere Stadt mit 39 000 Einwohnern ist 91 Meilen entfernt. »Aber das ist nicht weiter schlimm. Es wird zwar etwas anders, aber es ist trotzdem eine tolle Erfahrung«, sagt Margarethe Schlichter selbstbewusst. Auch von ihrer Familie ist sie begeistert. »Die hatten schon vorher fünf Austauschschüler. Dann kann es ja nicht so schlimm sein, wenn die immer wieder aufnehmen dürfen«, ist sie zuversichtlich.
Natürlich werden die beiden Mädchen, die in Bad Oeynhausen im nächsten Jahr die elfte Jahrgangsstufe des Immanuel-Kant-Gymnasiums besuchen würden, auch in den USA die Schulbank drücken. »Das wird bestimmt auch spannend, weil es viel mehr verschiedene Fächer gibt als bei uns«, glaubt Nicola Brentzke, die den Abschlussjahrgang der High School besuchen wird, was auch ihre Freundin plant. »Dann gibt es Umzüge, Abschlussbälle und am Examenstag das bekannte Bild, dass alle ihre Hüte hochwerfen«, freut sich Nicola Brentzke.
Abschließend sind sich die beiden einig, dass sie ein bisschen Deutschland in die Vereinigten Staaten bringen möchten. »Uns haben schon Leute von der Organisation davon berichtet, dass einige Amerikaner überrascht sind, wenn man erzählt, dass es die Mauer nicht mehr gibt«, so Nicola Brentzke.
Am schwersten fällt den beiden die Trennung von Familie und Freunden, Margarethe Schlichter besonders die Trennung von ihrem Freund, den es ebenfalls ein halbes Jahr ins Ausland zieht - nach Kanada.
Wenn es jedoch endlich losgeht, für Nicola Brentzke am Dienstag, 8. August, und für Margarethe Schlichter am Donnerstag, 10. August, beginnt für sie eine Zeit mit vielen neuen Erfahrungen.

Artikel vom 05.08.2006