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»Der Sport kennt keine Grenzen«

40-jährige Vereinsfreundschaft zwischen dem FC Stukenbrock und SSV Naturns

Von Astrid Meier
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). »Der Sport kennt keine Grenzen und verbindet«, sagt Theo Peters. Der ehrenamtliche Geschäftsführer des FC Stukenbrock weiß wovon er spricht, schließlich hat der 71-Jährige grenzübergreifende Verbindungen in die Tat umgesetzt. Vor vier Jahrzehnten entstand auf seine engagierte Initiative die Vereinsfreundschaft zwischen dem FCS und dem südtiroler Club SSV Naturns, die bis heute besteht. Ein schöner Grund zum Feiern.

Wenn Theo Peters über die Freundschaft zum Südtiroler Sportverein Naturns erzählt, gerät er ins Schwärmen: »Die Senne ist zwar doch am Schönsten, aber gleich danach folgt Südtirol.« 1966 reiste der Ur-Stukenbrocker zusammen mit dem damaligen Paderborner Kreisjugendpfleger Karl Schreckenberg nach Bozen. Auf dem dortigen Amt für Sport erhielten die beiden drei Adressen von Sportvereinen, zu denen sie Kontakt knüpften - der zum SSV Naturns hält bis heute an. »Der FC Stukenbrock hat Karl Schreckenberg viel zu verdanken. Ich hatte damals die Idee eine Vereinsfreundschaft aufzubauen und er hat uns sofort dabei unterstützt. Auch beim Bau des Kruskotten hat Karl uns sehr geholfen«, denkt Peters an den Kreisjugendpfleger, der vor zwei Jahren im Alter von 95 Jahren verstarb, zurück.
Noch im gleichen Sommer machten sich 31 Stukenbrocker Jugendliche und ihre Betreuer über Kaprun auf nach Naturns, das 17 Kilometer westlich von Meran im regenärmsten Gebiet Südtirols liegt. »In Kaprun haben wir zunächst im Haus der Jugend noch das WM-Endspiel Deutschland gegen England mit dem Wembley-Tor gesehen«, erinnert sich Theo Peters, »allerdings hat es dort nur geregnet. Das änderte sich aber schlagartig als wir nach Italien kamen. Es hat einfach alles von Anfang an gepasst.« Zwar verloren die Stukenbrocker bei ihrem fünftägigen Aufenthalt ihr erstes Spiel auf einem mit Steinen übersäten Platz gegen den SSV Naturns mit 1:6, dafür war aber die nun seit vier Jahrzehnten anhaltende Freundschaft geboren.
Zwei Jahre später besuchten dann zum ersten Mal Naturnser Stukenbrock. »Von dem Programm schwärmen einige noch heute«, so Peters. Neben einer Werksbesichtigung bei VW in Wolfsburg, besuchten sie auch das Theaterstück »My Fair Lady« in Bielefeld. Auf dem Fußballplatz gelang dann die Revanche: Die Stukenbrocker gewannen beim zweiten Aufeinandertreffen mit 6:0.
Doch es sind nicht die sportlichen Ereignisse, die Peters besonders im Gedächtnis geblieben sind. »Der Fußball war eine Basis auf der wir zu einander gefunden haben. Aber mein Anliegen war es vor allem, Reisen zu organisieren bei denen sich die Teilnehmer untereinander kennen lernen. Heutzutage sind doch viel zu viele Fahrten anonym«, meint der 71-Jährige.
So hat auch ein besonderer Zufall dabei geholfen, dass die Freundschaft immer intensiver wurde. Mit Wilhelm Bokermann verbrachte zufällig ein Bekannter Theo PetersĀ« seinen Sommerurlaub im 6000 Einwohner zählenden Naturns. Kaum von seiner Reise zurückgekehrt, beschlossen die beiden ehemaligen Ratsmitglieder für eine dreizehnköpfige Berghof-Familie durch Spenden ein Notstromaggregat zu besorgen. Das Vorhaben gelang schnell: Schon im Winter brachten die »Südtirol-Liebhaber« das Aggregat nach Naturns. »Am 3. Dezember 1977 sah dann die Familie, wie vor ihrer Alm zum ersten Mal eine Glühbirne brannte«, erinnert sich Peters lebhaft. Seitdem verzeichnete Naturns aber großen wirtschaftlichen Aufschwung. Einige Jahre später strahlte das Südwestdeutsche Fernsehen eine dreiteilige Serie über Südtirol aus, die Peters intensiv verfolgte. Plötzlich stand das Kamerateam im Wohnzimmer der Bergbauern-Familie und interviewte die Großmutter mit ihren Enkeln. »Die Welt ist so klein«, staunte der Stukenbrocker nicht schlecht.
Die erste Mannschaft, die in der italienischen Landesliga antritt, spielt seit 1998 auf einer hochmodernen Sportanlage. »Auch damals war von uns eine kleine Abordnung zur Stadioneinweihung dort«, so der Geschäftsführer.
1990 besuchte zum letzten Mal eine Stukenbrocker Jugendmannschaft Südtirol und wieder war die Reise von einer Fußball-Weltmeisterschaft begleitet. »Wir hatten das Glück, die WM-Partie Deutschland gegen Kolumbien im Giuseppe-Meazza-Stadion in Mailand live zu erleben«, erzählt Peters. Neun Jahre später gastierte dann zum bisher letzten Mal eine Naturnser Jugendmannschaft in Schloß Holte-Stukenbrock. Theo Peters hofft, dass nun der Kontakt wieder regelmäßiger wird. Den Anfang machen die Naturnser B-Junioren, die heute bis Sonntag im Jugendhof Windrose am Segelflugplatz übernachten. Am Samstagnachmittag (16.30 Uhr) steht dann der Vergleich mit der Stukenbrocker B-Jugend im Stadion am Hallenbad an. »Ich hoffe, dass dann im kommenden Sommer eine Mannschaft von uns wieder nach Naturns fährt«, so Peters. Aber erstmals reisen im Herbst elf Stukenbrocker der ersten Stunde nach Südtirol. Unter ihnen natürlich auch Theo Peters, für den es dann die 27. Fahrt nach Naturns wird. »So lange ich kann, werde ich die Freundschaft aufrechterhalten. Ich möchte nicht eine Minute missen.«

Artikel vom 04.08.2006