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Vor den Nazis geflohen

80-jährige Lotti Isaacs besucht ihre alte Heimat


Von Julia Mausch (Text und Foto)
Bünde (BZ). Ein trauriger Blick huscht über das sonst so fröhliche Gesicht von Lotti Isaacs, wenn sie an die Zeit des Nationalsozialismus' in Bünde denkt. Seit einer Woche ist die 80-Jährige aus Kalifornien mit ihrer Tochter Audrey Berman und Enkeltochter Jordanna Berman zu Besuch in der Bünde, ihrer früheren Heimat.
Hier wohnte sie bis 1941 mit ihrer Mutter Erna und ihrem Stiefvater Willi Spanier. Die Familie, Deutsche jüdischen Glaubens, besaß am Goetheplatz ein großes Kaufhaus, in dem sie Stoffe und viele andere Gebrauchsgegenstände verkaufte.
Nachdem die Familie Spanier von den Nationalsozialisten gefangen gehalten worden waren und sie sich zynischer Weise mit musikalischer Untermalung anschauen mussten, wie ihr Hab und Gut verbrannt wurde, wanderten Teile der Familie im Herbst 1941 in die Vereinigten Staaten von Amerika aus. Lotti Isaacs reiste zunächst zu ihrer Verwandschaft nach Bielefeld und von dort aus mit einem Güterzug nach Portugal. Dort kamen sie dann für drei Wochen bei einer Gastfamilie unter und fuhren dann mit einem Schiff nach Amerika.
Heute lebt Lotti Isaacs in Kalifornien. Ihre Enkeltochter, Jordanna Berman, ist vor kurzem 16 Jahre alt geworden -Êund das Geburtstagsgeschenk der Großmutter ist diese Reise nach Deutschland. So lernt auch Jordanna die Geschichte ihrer Familie hautnah kennen.
Ein großes Anliegen von Lotti Isaacs war, die Mitglieder der Netzwerkgruppe kennenzulernen. Diese Gruppe ist eine Organisation junger Leute vom Gymnasium am Markt, die sich dafür einsetzen Kontakt, mit jüdischen Familien, die in Bünde gewohnt haben, wieder aufzubauen.
Wenn Lotti Isaacs über die Ereignisse in Bünde spricht, die sie und ihre Familie erlitten haben, hört man ein wenig Bitterkeit aus ihrer Stimme heraus, aber trotz allem macht sie heute niemandem Vorwürfe.

Artikel vom 04.08.2006