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Viele Familien haben Ärger mit der Kindergeldkasse

Brigitte Göpfert bekam die Bewilligung und 25 Anrufe

Von Hubertus Hartmann
Kreis Paderborn (WV). Die schleppende Bearbeitung von Kindergeldanträgen ist offenbar nicht nur bei der Familienkasse Detmold ein Problem, sondern ein bundesweites. Das ARD-Magazin »Report aus Mainz« schilderte ähnliche Fälle wie den von Brigitte Göpfert aus Paderborn.

Sie musste - wie am Dienstag berichtet - neun Monate auf das Kindergeld für ihre 24-jährige Tochter Michaela warten.
Isolde Döhring, Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V., hat festgestellt, dass die Familienkassen vor allem dann Schwierigkeiten machen, »wenn es um Kindergeld für erwachsene Kinder geht«. Und in den Service-Zentren säßen Leute, »die keine Ahnung haben«, aber die Familienkassen systematisch abschirmten.
Aus Rationalisierungsgründen hat die Bundesagentur für Arbeit die Familienkassen von 179 auf 102 reduziert. Auch Paderborn wurde Mitte 2005 aufgelöst. Detmold ist seitdem für Lippe und das gesamte Hochstift zuständig. »Hierarchieebenen werden abgebaut und kleinere Familienkassen zu betriebswirtschaftlich sinnvollen Größeneinheiten zusammengefasst« teilte die Paderborner Arbeitsagentur damals mit.
»Durch die Neuorganisation spart die BA Personal- und Sachkosten. Diese Effizienzgewinne werden für Bearbeitung und Auszahlung des neu eingeführten Kinderzuschlags benötigt.« Neue Service Center sollten »eine bessere telefonische Erreichbarkeit und Beratung für Familien mit Kindern bieten«. Tatsächlich ist die Service-Nummer aber permanent besetzt. In den Nachmittagsstunden seien die Chancen etwas besser, tröstet der Detmolder Arbeitsagentur-Sprecher Wolfgang Strüssmann.
Brigitte Göpfert hat den Bewilligungsbescheid übrigens einen Tag, nachdem sich die Presse für ihren Fall interessierte, bekommen. »Bei uns Zuhause haben etwa 25 betroffene Frauen angerufen, die ebenfalls über Verschleppung ihrer Anträge durch die Kindergeldkasse klagten«, sagte Göpfert gestern. »Auch diese Anträge befinden sich mehr als acht Monate in der Warteschleife.«
Besonders krass sei der Fall einer Mutter mit fünf Kindern im schulpflichtigen Alter. Sie warte und warte auf die Bewilligung. »Allein zum Schulbeginn musste sie für die Schulbücher ihrer Sprösslinge einen nicht unerheblichen Obolus entrichten.«
Durchweg seien die Anruferinnen deprimiert gewesen und hätten es unglaublich couragiert gefunden, dass es jemand gewagt habe, sich einer Behörde gegenüber zu outen.
Brigitte Göpferts Fazit aus diesen Gesprächen: »Es ist gängige Praxis, dass Anträge bzw. Unterlagen mehrmals an die Kindergeldkasse geschickt werden müssen und dadurch erhebliche Wartezeiten bis zur Genehmigung anfallen«.

Artikel vom 04.08.2006