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Weberei droht Insolvenz

Gericht beanstandet Kündigung von Andreas Voßhenrich-Werner

Von Peter Bollig
Gütersloh (WB). Im Streit zwischen der Weberei und ihrem geschassten Geschäftsführer Andreas Voßhenrich-Werner musste der Kulturverein gestern eine schwere Schlappe hinnehmen. Das Landesarbeitsgericht erklärte die außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers für unwirksam. Nun droht der Weberei erneut die Insolvenz.

Weil durch das Urteil im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm die Kündigung von März 2004 unwirksam ist, hat die Weberei nun formell zwei Geschäftsführer: die vor wenigen Wochen engagierte Dörte Roschinski und Andreas Voßhenrich-Werner, der gestern bitter feststellte, er sei nun »ein Geschäftsführer mit Hausverbot«.
Für die Weberei hat der Fortbestand des Arbeitsvertrages mit dem 45-Jährigen vor allem finanzielle Folgen. Für die Zeit seit der außerordentlichen Kündigung im März 2004 bis Oktober 2006 - zu diesem Termin hat die Weberei auch eine ordentliche Kündigung ausgesprochen, gegen die Voßhenrich-Werner bereits Klage erhoben hat -Êsummieren sich die Lohnansprüche nach Angaben seines Anwalts Dr. Ulrich Tschöpe auf etwa 170 000 Euro. Auf die Weberei kommen auch die Prozesskosten zu. Zudem könnten die Lohnforderungen ansteigen, falls das Gericht auch die ordentliche Kündigung für Oktober 2006 beanstandet.
»Das können wir uns nicht leisten«, sagte Hannelore Heudtlass vom Weberei-Vorstand im Vorfeld der Verhandlung. Falls die Weberei diesen Betrag an Andreas Voßhenrich-Werner zahlen müsse, bleibe nur der Weg in die Insolvenz. Ihr Rechtsanwalt Johannes Granas machte die Lage der Weberei deutlich: »Der Verein ist noch nicht saniert aber in ruhigerem Fahrwasser.« So könne die Weberei am Rande der Liquiditätsgrenze Rechnungen und Gehälter bezahlen, Schulden abstottern. Das gehe vor allem deshalb, weil das Finanzamt eine Zahlung der Steuerschulden gestundet habe. 300 000 Euro hätten sich an Verbindlichkeiten angehäuft. Nun hofft die Weberei auf einen Teilerlass der Steuerschulden.
Im Vorfeld des Berufungsverfahrens hatte die Weberei ihrem Prozessgegner ein Vergleichsangebot unterbreitet. Demnach sollte Voßhenrich-Werner eine Auflösung des Arbeitsvertrags zum Oktober 2004 akzeptieren und die bis dahin fälligen Gehaltszahlungen erhalten. Dieser Betrag sollte aber um die Hälfte der Schadensersatzzahlungen gekürzt werden, die die Weberei von Voßhenrich-Werner verlangt. Der Schadensersatzprozess - unter anderem wegen der von Voßhenrich-Werner engagierten kubanischen Band Habana Sun - ruht derzeit. Das Vergleichsangebot hatte Voßhenrich-Werner abgelehnt.
Mit dem Urteil des LAG ist nun ein Schlussstrich unter das Verfahren hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung gezogen worden. Eine Revision ist nicht zulässig. Dass der Weberei nun die Insolvenz droht, ist auch Voßhenrich-Werner klar. Er betonte aber: »Die Weberei darf nicht sterben.« Sein Anwalt stellte aber auch klar, dass sein Mandant das Urteil brauchte, um aus einer Position der Stärke heraus nun mit der Weberei über den Umfang der Gehaltszahlungen zu verhandeln.
Die Gründe für das Urteil teilte das LAG gestern nicht mit. Die Weberei hatte Voßhenrich-Werner gekündigt, weil er seine Kompetenzen überschritten haben soll - etwa beim Engagement der kubanischen Band. Voßhenrich-Werner bestritt dies, sein Anwalt betonte zudem, dass die außerordentliche Kündigung nicht fristgerecht ausgesprochen worden sei.

Artikel vom 03.08.2006