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Am Ende entmachtet und gebannt

Kaiser Heinrich IV. starb vor 900 Jahren - Christliche Bestattung später

Paderborn (WV). Hier endet er im »Handkarren«: Der Salierkaiser Heinrich IV. oder besser das Kopfpolster, auf dem einst sein Schädel ruhte, und das goldene Grabkreuz, das der Leichnam auf der Brust trug, sind in der Paderborner Canossa-Ausstellung in einer Kiste auf Rädern zu sehen.
Ein sinnfälliges Bild für die Odyssee, die der tote Herrscher hinter sich hatte, bevor er im Familien-Grab der Salier im Dom zu Speyer seine letzte Ruhestätte fand. Vor 900 Jahren, am 7. August 1106, starb Heinrich IV. im Alter von 56 Jahren in Lüttich - von seinem Sohn entmachtet, vom Papst bereits zum zweiten Mal gebannt, umgeben von nur wenigen treuen Weggefährten. Er wurde noch am gleichen Tag im dortigen Dom beerdigt.
Doch der päpstliche Legat veranlasste schon am nächsten Tag die Exhumierung. Der Gebannte durfte nicht in geweihter Erde ruhen. Der König erlitt somit das gleiche Schicksal wie seinerzeit Selbstmörder. Es dauerte lange, bis ihm endlich ein christliches Begräbnis zuteil wurde. Erst nach der Lösung des Kirchenbanns 1111 konnte sein Sohn Heinrich V. den Wunsch seines Vaters erfüllen und ihn in der Familiengrablege der Salier im Dom zu Speyer zur letzten Ruhe betten - auf den Tag genau fünf Jahre nach dem Tod.
Diese unwürdigen Geschehnisse zeigen die ganze Zerrissenheit der Epoche. Die Einheit von Königtum und Kirche zerbrach, der Herrscher verlor seine sakrale Würde. Sichtbares Zeichen dieser alle Lebensbereiche erfassenden Erschütterung war der erste päpstliche Bannspruch gegen einen König 1076 und der folgende Bußgang Heinrichs IV. nach Canossa.
Die Paderborner Ausstellung (bis 5. November) führt mitten in diese turbulente Zeit. Am 25. Januar 1077 bat Heinrich reumütig um die Befreiung vom Kirchenbann durch Papst Gregor VII. Der kniende König wurde zum sichtbaren Zeichen für einen tief greifenden und vielschichtigen Konflikt um die Führung der Christenheit. Er war ein Höhepunkt des so genannten Investiturstreits, der untrennbar mit Kaiser Heinrich IV. (damals noch König) und Papst Gregor VII. verbunden ist.
Man stritt darum, wer das Recht habe Bischöfe einzusetzen - der Herrscher oder der Papst. Wichtige kirchliche Refor-men wie die Abschaffung der Käuflichkeit geistlicher Ämter, das Verbot der Klerikerehe und die Einsetzung Geistlicher durch Laien fielen in diese ereignisreiche Epoche.

Artikel vom 07.08.2006