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180 Hisbollah-Raketen auf Israel

Israelische Einheiten stoßen weit nach Norden vor - Streit um Schutztruppe

Beirut (Reuters/dpa). Trotz wochenlanger israelischer Angriffe hat die Hisbollah-Miliz gestern eine Rekordzahl an Raketen abgefeuert. Nach Angaben der israelischen Polizei wurden mindestens 182 Raketen abgeschossen, so viele wie noch nie an einem Tag.
Dabei kam ein Mensch ums Leben. Zuvor hatte Israels Ministerpräsident Ehud Olmert erklärt, die Infrastruktur der Hisbollah sei fast vollständig zerstört, die Schiiten-Miliz weitgehend entwaffnet. Israel weitete zudem seine Militäroffensive aus und stieß erstmals auch weit nach Baalbek im Norden des Landes vor.
Israel hatte vor drei Wochen seine Militäraktion unter anderem mit dem Ziel gestartet, die Raketenstellungen der Hisbollah auszuschalten. Die Miliz verfügt über schätzungsweise 12 000 Raketen. Insgesamt hat sie mehr als 1700 Geschosse auf Israel abgefeuert. Dabei wurden 19 Menschen getötet und Hunderte verletzt. Bei den israelischen Angriffen im Libanon starben mehr als 600 Menschen. Eine der gestern abgefeuerten Raketen schlug offenbar im besetzten Westjordanland ein - soweit war noch kein Hisbollah-Geschoss geflogen.
Der Kommandoeinsatz in Baalbek mit Kampfhubschraubern war der weiteste Vorstoß der Israelis in den Nordosten des Landes seit 1994, als Israel ebenfalls massiv gegen die Hisbollah vorgegangen war. Die Stadt liegt 100 Kilometer nordöstlich von Beirut. »Einige Terroristen wurden gefasst und nach Israel gebracht«, sagte eine Armeesprecherin.
Bei den gefangen genommenen Männern handelt es sich libanesischen Sicherheitskreisen zufolge um mindestens drei Hisbollah-Mitglieder. Die Miliz bestritt die Gefangennahme von Kämpfern. Bei Luftangriffen wurden libanesischen Behördenangaben zufolge 19 Zivilisten getötet.
Im Südlibanon waren bis zu 6000 Soldaten im Einsatz gegen die Hisbollah. Libanesischen Sicherheitskreisen zufolge beschoss israelische Artillerie mehrere Grenzdörfer. Zeitgleich seien von Panzern geführte Verbände auf Hisbollah-Stellungen vorgerückt. Deren Kämpfer hätten das Feuer mit Granatwerfern, Panzerabwehrwaffen und Maschinengewehren erwidert. Die Hisbollah erklärte, vier israelische Panzer seien zerstört worden.
Die Vereinten Nationen wollen heute über die internationale Schutztruppe für den Südlibanon beraten. Frankreich, das als Führungsnation im Gespräch ist, will den Beratungen fernbleiben. Erst müsse es eine feste Vereinbarung über einen Waffenstillstand geben, sagte Außenminister Philippe Douste-Blazy. Die USA wollen die Truppe hingegen schon vor einer Feuerpause im Südlibanon stationieren. Die Bundesregierung will zur Lösung der Krise das Nahost-Quartett aus USA, Russland, der UN und der EU wiederbeleben. Zur Lösung der Krise sollen auch arabische Staaten herangezogen werden. Was eine deutsche Beteiligung an der Schutztruppe betrifft, ist die Bundesregierung eher skeptisch. Zur Lösung der Krise sollen auch arabische Staaten herangezogen werden.
Der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) misst dem Iran eine wichtige Rolle bei der Lösung des Nahost-Konflikts bei. »Ich glaube, der Iran kann zum Guten oder zum Schlechten durchaus eine Rolle spielen«, sagte Fischer nach Gesprächen mit Regierungsvertretern in Teheran. »Ich denke, es ist sehr wichtig, dass Kontakte zu diesem Spieler in dieser Tragödie aufrechterhalten werden.« Der Iran mache kein Geheimnis daraus, dass er sehr starke eigene Interessen in der Region habe. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 03.08.2006