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Das Fahrgeld zum
Theo »erstritten«

Mutter sollte ihren Filius umschulen

Von Manfred Schraven
Paderborn (WV). Weil eine allein erziehende Mutter mit ihren beiden Kindern von Borchen nach Elsen umzog, sollte sie ihren »Ältesten« umschulen. Es ging ums »Fahrgeld«. Sie widersprach - mit einem überraschenden Ergebnis.

Die Stadt Paderborn wirbt gern für sich als »Familienfreundliche Stadt«. Für die junge Mutter aus Elsen eine reine Worthülsen.
Im jüngsten Entwurf des Stadtentwicklungsberichtes 2015 von Bürgermeister Heinz Paus ist von hehren Zielen die Rede: »In Paderborn hat die Unterstützung von Familien in der Erfüllung ihrer gesellschaftlichen Aufgaben eine zentrale Bedeutung. Die Stadt Paderborner hat das Ziel, familienfreundliche Rahmenbedingungen in der Stadt zu schaffen.«
»Warum tut sie das nur nicht?«, fragt die alleinerziehende Mutter. Die »ketzerische« Frage hat ihren Grund: Ab sofort sollte die zugereiste Elsenerin für ihren Sohn, der das Theodorianum besucht, an die 45 Euro Fahrtkosten für den »Schulbus« zahlen, will sie ihren Filius nicht aufs Fahrrad setzen. Vom Schulverwaltungsamt erhielt die junge Mutter nur die Empfehlung: »Schulwechsel zum Gördeler«. Es gebe kein Geld - und diese Abfuhr scheint auch rechtes. Nach der Schülerfahrtkostenverordnung werden nämlich nur Kosten übernommen, wenn die Entfernung zur »nächstgelegenen Schule« über 3,5 Kilometer vom Wohnort liegt.
»In den Landesrichtlinien wird festgeschrieben, dass Maßstab für die nächstgelegen Schule die Schulform und nicht das Schulprofil ist«, klärt Jens Reinhardt vom Presseamt der Stadt Paderborn auf. Heißt: Es geht um Realschule oder Gymnasium und nicht um ein neusprachliches oder humanistisches Angebot.
Da ihr Sohn seit zwei Jahren schon das »Theo« besucht, setzte die alleinerziehende Mutter auf Widerspruch beim Schulverwaltungsamt: »Sie begründen die Ablehnung der Fahrtkostenübernahme damit, dass dieses Gymnasium nicht das nächstgelegene zum Wohnort sei. Da jedoch das Theodorianum die einzige Schule ist, die den altsprachlich-humanistischen Zweig verfolgt, liegt sie dementsprechend dem Wohnort am nächsten. Ein Schulwechsel auf ein anderes Gymnasium, in diesem Fall das Gördeler, ist nicht möglich, weil meinem Sohn allein durch das Konzept des altsprachlich-humanistischen Gymnasiums die Grundvorraussetzungen für das neusprachliche Gymnasium fehlen.«
Gestern kam die Antwort: Die Fahrtkosten werden übernommen! Der Grund liegt allerdings nicht im Bekenntnis der Stadt Paderborn »zur besonderen Förderung und zum besonderen Schutz der Familien. . .« sondern in der Ablehnung des Gördeler-Gymnasiums, den Jungen aufzunehmen: Ihm fehle die zweite Fremdsprache. Und mit einem Schlag wurde das Theodorianum das »nächstgelegene Gymnasium« im Sinne der Schülerfahrkostenverordnung.

Artikel vom 03.08.2006