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Haft auf
Bewährung

Schönborn-Prozess

Von Christina Füssmann
Gütersloh/Dortmund (WB). Wegen Volksverhetzung und Verbreitung von Propagandamitteln verfassungsfeindlicher Organisationen verurteilte gestern die Staatsschutzkammer am Dortmunder Landgericht den 51-jährigen Neonazi Meinolf Schönborn (Foto) zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren.

Anders als von Staatsanwalt Volker Bittner beantragt, billigte das Gericht dem Wiederholungstäter eine Bewährungschance zu. Die dazu erforderliche positive Zukunftsprognose folgerte die Kammer aus der von Schönborn beteuerten Abkehr von jeglichem verfassungsfeindlichen Tun für die Zukunft. Hatte doch der Rechtsradikale, der einst Terrorgruppen zum Sturz der Bundesrepublik gründen wollte, zum Prozessende versichert, er wolle die freiheitlich demokratische Grundordnung achten und habe nie vorgehabt, gegen Gesetze zu verstoßen. Für Staatsanwalt Volker Bittner war Schönborn schon deshalb nicht bewährungsfähig, weil er sich nie von den Schriften distanziert hat, die er verbreitete. In diesen Schriften hatte der nach rechts gedriftete ehemalige RAF-Terrorist Horst Mahler den Holocaust geleugnet, die Bundesrepublik als Konstrukt von Fremdherrschaft bezeichnet und ihre Beseitigung gefordert. Schönborn sieht nach eigenen Aussagen den Prozess gegen ihn als »Desaster« an, aus dem er seine Konsequenzen ziehen will. Er will angeblich seine politischen Aktivitäten einstellen, seinen Wohnsitz ins Ausland verlegen und sich künftig auf den Vertrieb von T-Shirts mit »Feuerwehr-Motiven« beschränken. Der »organisatorische Wegbereiter der böswilligen Ideologie von Horst Mahler« - so der Vertreter der Anklagebehörde - wurde bereits 1995 von der Dortmunder Staatsschutzkammer für zwei Jahre und drei Monate hinter Gitter geschickt, weil er die von ihm gegründete und verbotene »Nationalistische Front« weitergeführt hatte.

Artikel vom 03.08.2006