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Per »Taxi« zu den Sauerkirschen

Große Nachfrage nach roten Früchten - Frühäpfel und Zwetschgen reifen

Hiddenhausen (pjs). Sauerkirschen sind in dieser Woche der »Renner« auf dem Obsthof Otte in Hiddenhausen: »Die Kunden waren schon ungeduldig - einige haben immer wieder angerufen und gefragt, wann es losgeht mit der Ernte«, freut sich Unternehmer Karsten Otte über die große Nachfrage: »Das erste große Kirschbaum-Feld an der Heidestraße haben uns die Selbstpflücker an nur einem Tag leer geräumt.«

Parkplätze sind knapp, und so lässt Otte die Kunden per »Kirschentaxi« zu den Kulturen chauffieren, um ihnen den Weg über die Feldwege zur »Kirschenstation« zu erleichtern. Ende der Woche geht es mit Zwetschgen weiter, »Hermann« und »Katinka« heißen die Sorten. Auch Frühäpfel wie »Vista Bella«, »Astramel«, »Piros« und »Discovery« sind dann erntereif. Birnenliebhaber müssen sich dagegen bis Mitte September gedulden.
In ULO-Lagerhallen mit reduzierter Sauerstoffversorgung können die zu unterschiedlichen Jahreszeiten gepflückten Äpfel frisch und knackig gehalten werden: »Da lassen wir sie in einen Dornröschenschlaf fallen«, erläutert Otte. »Die Apfelsaison verspricht gut zu werden«, zeigt sich der 47-Jährige optimistisch. Für die Ernte ist der Unternehmer auf Aushilfskräfte angewiesen, in Spitzenzeiten bis zu 130. Die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit sei gut, betont Otte: »Wir haben schon mehrere Arbeitslose fest eingestellt.« Dennoch benötigt er ausländische Helfer, die vor allem aus Polen und Rumänien kommen. Die Diskussion um den Einsatz deutscher Arbeitsloser sei doch nur »ein Riesenschaulauf der Politiker auf unsere Kosten«, ärgert sich Otte. Die Neuregelung der Sozialversicherung habe den Einsatz polnischer Saisonarbeitskräfte enorm erschwert: »Für einen einzigen Meldevorgang müssen wir jetzt acht Formulare in polnischer Sprache ausfüllen.«
Die zunehmende Bürokratisierung hält Otte für eine gefährliche Entwicklung: »Der Obstbau nimmt Schaden, wenn das so weitergeht.« Neben steigenden Energiepreisen befürchtet er auch eine Erhöhung der Beiträge für die Berufsgenossenschaft. »Es war ein schwieriges Jahr«, sagt Otte: Nach zu kühler Witterung im Frühjahr sorgten tropische Temperaturen dafür, dass die Erntehelfer mit dem Pflücken gar nicht mehr nachkamen: »Bei den Erdbeeren gab es eine regelrechte Reifeexplosion.« In den vergangenen Wochen bedrohten Hitze und Trockenheit die Erträge: »Wo Wasser knapp ist, leidet die Fruchtgröße - da fehlen schnell ein paar Millimeter.«
Otte ließ kräftig bewässern, in kritischen Lagen sind Beregnungsanlagen fest eingebaut. Als das Quecksilber an der 40-Grad-Marke kratzte, verlagerte er die Obsternte in die kühleren Morgen- und Abendstunden: »Da haben wir eine spanische Woche eingeführt und mittags Siesta gemacht.«

Artikel vom 02.08.2006