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Pinselgeflüster
verbindet
Ost und West

Gu Yingzhi besucht Rietberg

Von Meike Oblau
Rietberg (WB). Verständigungsschwierigkeiten? Nein, die gab es nicht. Zwar spricht Gu Yingzhi, eine der bekanntesten Künstlerinnen Chinas, weder deutsch noch englisch. Die Kunst selbst aber baut eine Brücke über alle Sprachbarrieren. Am Wochenende war die Chinesin zu Gast bei der »Rietberger Künstlergruppe«, gab Kurse im Jugendhaus Südtorschule und ließ sich von Stadtarchivar Manfred Beine Rietberg zeigen.

Gu Yingzhi lebt und arbeitet in Tianjin als freischaffende Künstlerin und Kunstlehrerin. Nach ihrer Graduation mit excellenter akademischer Bestleistung unter der Führung der chinesischen Meister der Malerei, Sun Qifeng und Wang Xuezhong, wurde Gu Yingzhi eine bekannte Künstlerin. Sogar der chinesische Regierungschef Deng Xiaoping ließ sich das Bild »Fünf Katzen mit Schmetterlingen« an die Wand seines Büros malen, um sich täglich daran zu erfreuen. Man kann ihre berühmten Katzenbilder aber auch in den Büros der Regierungschefs anderer Länder finden, weil ihre Malereien als Geschenk der Nation China an sie überreicht wurden. Inzwischen sind ihre Arbeiten nicht nur in den nationalen Museen und Kongresshallen vertreten, sondern werden auch in Hongkong, Taiwan, Japan, Frankreich und den USA hoch geschätzt. Gu Yingzhi ist in China besonders als eine Expertin für Katzenbilder anerkannt. Ihre Meisterwerke werden in ihrer Bedeutung für die chinesische Malerei in Asien derartig respektiert, dass man ihr den Titel »Queen of the cats« verliehen hat.
Gu Yingzhi ist aber nicht nur als Malerin aktiv, sondern auch für die Malerei in ihrem Land. So gründete sie die erste private Kunstschule in China, die HuaCui Art School, dessen Vorsitz sie bis heute führt. Sie ist außerdem Vizepräsidentin des nationalen Verbandes chinesischer Maler und Kalligraphen, Präsidentin der Beijing-Tianjin-Shandong Zeichen- und Kalligraphieforschungsgesellschaft, Präsidentin der Tianjin Akademie der chinesischen Malerei und Kalligraphie. Im Juni 1999 wurde Gu Yingzhi Ehrenmitglied der Künstlergruppe Paradox, und hier lernte sie auch die Rietberger Künstlerin Ursula Honerlage kennen. Erst zweimal besuchte sie Deutschland - und Rietberg war ihr dabei diesmal eine Reise wert. »Ich mag Deutschland sehr gerne, der rege Austausch zwischen Deutschand und China ist mir sehr wichtig, denn über die Kultur verbindet sich viel. Ich empfinde die Deutschen als tiefe Freunde, und es gefällt mir, deutsche Künstler auszubilden«, sagte Gu Yingzhi im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Gleich verliebt hat sie sich übrigens in die Rietberger Architektur: »Diese Fachwerkhäuser, einfach fantastisch!«
Beim ost-westlichen »Pinselgeflüster« tauschten sich die Chinesin und Künstler aus ganz Ostwestfalen-Lippe beim Workshop »Chinesische Tuschmalerei« im Jugendhaus Südtorschule aus. »Unter der chinesischen Kunst können sich viele noch nichts vorstellen, für viele gilt diese Kunst als veraltet. Wenn man aber wie hier im Workshop den Malprozess miterlebt, dann steigt die Hochachtung. Da steckt viel Aufwand, viel Technik und viel Präzision dahinter«, weiß Ursula Honerlage. Seit drei Wochen ist Gu Yingzhi nun in Deutschland, wird jetzt auch noch Marburg und Berlin besuchen und dort einen politischen Einblick in die Arbeit des Bundestages bekommen. Am Wochenende in Rietberg schaute sie auch noch bei den Ferienspielen von Marika Wierzgalla vorbei.
Die Künstlergruppe »Paradox«, der auch Ursula Honerlage angehört, hat auch bereits Ausstellungen in China organisiert. Die Gruppe wurde 1996 gegründet und bildet einen losen Zusammenschluss von internationalen, zeitgenössischen Künstlern, die mit wechselnder Besetzung an verschiedenen Ausstellungen oder Projekten teilnehmen.
www.paradox-online.de

Artikel vom 02.08.2006