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Neustart in Minsk nach Mietbetrug

Gelernter Bankkaufmann muss Geldbuße zahlen - Verfahren eingestellt

Herford (cl). Weil er sich von seiner Frau getrennt hatte, bezog der Bielefelder Björn U. (Name geändert) am 1. September 2004 eine Wohnung in Herford. Von Anfang an bezahlte er keinen Cent Miete, trotz Kündigung und Räumungsklage blieb er bis April 2005 in der Wohnung.

Der Vermieter beklagt einen Schaden von 6000 Euro. Vom kommenden Monat an möchte Björn U. die Summe in 200-Euro- Raten abstottern, ein Versäumnisurteil hat er akzeptiert. Hintergrund des Betruges ist eine höchst ungewöhnliche Lebensgeschichte: Sie bringt auch fast zwangsläufig enorme Risiken mit sich, die der Angeklagte eingehen muss, um wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Der gelernte Bankkaufmann wurde im März 1999 wegen 75 Betrugsfällen zu 51 Monaten Gefängnisstrafe verurteilt, die er größtenteils verbüßte. Wegen seiner Vorgeschichte bekam er anschließend keinen regulären Job und kein Girokonto mehr.
So war er froh, nach einem dreimonatigen Praktikum zum 1. September 2004 eine vom Arbeitsamt bezuschusste Stelle bei der Firma »Herakles-Forderungsmanagement«, einer Inkassofirma mit rustikalen Methoden, die mit dem russischen Olymp-Verein zur Integration und Körperertüchtigung zusammenhing. Doch schon im Oktober wurden alle Chefs verhaftet (diese Zeitung berichtete) und die versprochenen 3500 Euro brutto blieben aus.
Inzwischen hat Björn U. eine neue Arbeitsstelle gefunden, die abenteuerlich anmutet. Für einen Unternehmensberater im weißrussischen Minsk macht er Software für Banken und Finanzdienstleister marktreif und vertreibt sie. Im Osten versucht er einen Neustart, dort bekam er auch anstandslos ein Girokonto. Das Strafverfahren wurde eingestellt. Neben der Schadenswiedergutmachung muss U. 600 Euro Geldbuße an die Einrichtung Bethel »abstottern«.

Artikel vom 01.08.2006