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Land soll Stellung
zu Klage nehmen

Verfassungsbeschwerde läuft

Von Oliver Horst
Versmold (WB). Das Verfahren um die Verfassungsbeschwerde von 20 Kommunen -Êdarunter Versmold, Halle, Borgholzhausen und Steinhagen -Êgegen das Land NRW wird jetzt vom Landesverfassungsgerichtshof Münster in Gang gebracht. NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) bezeichnete die am Freitag eingereichte Klage derweil als »Affront«.

Wie am Samstag berichtet wollen die 20 Kommunen mit ihrer Verfassungsbeschwerde massive finanzielle Verluste verhindern. Die Klage richtet sich gegen das im Mai vom Landtag beschlossene Gemeindefinanzierungsgesetz. Demnach soll nun nur noch die Gewerbesteuer als Kriterium zur Berechnung der Solidarbeitragszahlung jeder einzelnen Kommune herangezogen werden. Die klagenden Kommunen sehen hierin eine ungerechte, weil einseitige Belastung von Städten und Gemeinden mit einem hohen Gewerbesteueranteil. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wollen die 20 Kommunen allein in diesem Jahr einen Verlust von 153 Millionen Euro verhindern, den sie gegenüber der bisherigen Regelung verkraften müssten.
»Wir sehen der Verfassungsbeschwerde gelassen entgegen«, erklärte NRW-Innenminister Ingo Wolf, noch bevor die Klage eingereicht war. Wolf verteidigte die von den Beschwerdeführern angegriffene Gesetzesänderung. »Sie schafft mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Kommunen und weniger Bürokratie.« Das Land bekomme durch die Änderung keinen einzigen Cent, die Belastungen unter den Kommunen würden lediglich fairer verteilt. »Damit helfen wir den finanzschwächeren Kommunen.« Etwa 75 Prozent bräuchten künftig »keine Ausgleichzahlungen mehr an reiche Kommunen zu leisten«.
Landesfinanzminister Helmut Linssen hatte bereits vor einigen Tagen von »einem Affront gegenüber vielen steuer- und finanzschwächeren Kommunen« gesprochen. Die Änderung sei »keine Bestrafung der Tüchtigen, sondern sie entspricht einer gerechten Verteilung im Rahmen des Gemeindefinanzierungsgesetzes.«
Die Argumentation der beiden Minister hält Versmolds Bürgermeister Thorsten Klute für nicht nachvollziehbar. Klute verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Intervention der kommunalen Spitzenverbände während des Gesetzgebungsverfahrens. »Wenn die Neuerung für die Mehrheit der Kommunen wirklich so vorteilhaft wäre, hätten die Interessenverbände der Städte und Gemeinden kaum so ablehnend gehandelt.«
Im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof erhalte jetzt zunächst das Land die Gelegenheit zur Stellungnahme, erklärte Gerichtssprecher Dr. Ulrich Lau gestern auf Anfrage. »Danach werden alle 20 Kommunen ihrerseits die Möglichkeit haben, hierauf zu antworten.« Der mögliche zeitliche Rahmen des Verfahrens sei derzeit nicht abzusehen. Lau: »Womit aber zu rechnen ist, sind viele dicke Aktenordner.«

Artikel vom 01.08.2006