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Fremde immer
als Gäste sehen

Caritas-Sonntag zum Libori-Finale

Paderborn (WV). Der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe hat beim traditionellen Sonntag der Caritas zum Abschluss der Paderborner Libori-Festwoche vor rassistischen Tendenzen in den heutigen Gesellschaften Europas gewarnt. Als Grund nannte Grothe die Abkehr von der kulturgeschichtlichen Errungenschaft der biblischen Tradition, Fremde nicht mehr von vornherein als Feinde, sondern als Gäste zu sehen.

»Die sprichwörtlich gewordene biblische Gastfreundschaft ist das untrügliche Erkennungszeichen einer neuen Kultur des Umgangs mit dem Fremden«, sagte Grothe bei einem Gottesdienst im Hohen Dom vor Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas im Erzbistum Paderborn. In diesem Jahr stand der Sonntag unter dem Motto des Caritas-Jahresthemas »Integration beginnt im Kopf. Für ein besseres Miteinander von Deutschen und Zuwanderern.«
Beim anschließenden Empfang des Diözesan-Caritasverbandes im Paderborner Liborianum spannte Professor Klaus J. Bade von der Universität Osnabrück einen kurzweiligen kulturgeschichtlichen Bogen. Seine These: Der Mensch sei immer auch ein »homo migrans«. Einwanderung und Zuwanderung sind eher der Normalzustand der Menschheit als die Ausnahme. Wer sich heute über "Parallelgesellschaften" aufrege, solle einen Blick auf die Geschichte der deutschen Einwanderung in die USA werfen. Im 19. Jahrhundert wurden, so Bade, gerade deutsche Siedlungen von der amerikanischen Gesellschaft mit Argwohn betrachtet, vor allem katholische Deutsche wurden öffentlich als »integrationsunwillig" diffamiert. Solche Kampagnen trugen ähnliche Züge wie die heutige, oft in den Medien geschürte Angst vor islamisch geprägten Parallelgesellschaften. Bade: »Jede Aufnahmegesellschaft sieht in derartigen Koloniebildungen eine Abkapselung.«
Beim Empfang im Liborianum kamen auch Migranten selbst zu Wort und gaben interessante Einblicke in ihre »Zuwanderungsgeschichte«. Interviewt von Heribert Krane vom Diözesan-Caritasverband berichteten sie, was ihnen bei der Integration geholfen hat, was eher hinderlich war. Das Erwerben von Sprachkompetenz gilt zwar als Schlüssel zur Integration. Es reiche jedoch nicht, die deutsche Sprache nur theoretisch zu erlernen. Ideal ist es, wenn möglichst viele Kontakte und Beziehungen zu Einheimischen entwickelt werden. Dies funktioniert oft nur über Vereine und Einrichtungen.

Artikel vom 01.08.2006