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Heinrich Meier übersetzte die Aufzeichnungen.

Trauerfeier mit
Schüler-Gesang

Auszüge aus Sturhan-Schriften

Espelkamp/Tonnenheide (WB). Der Frotheimer Heinrich Meier hat die plattdeutschen Aufzeichnungen des ehemaligen Tonnenheider Lehrers Heinrich Sturhan übersetzt. Die ESPELKAMPER ZEITUNG veröffentlicht in loser Reihenfolge Auszüge daraus, die sich mit dem Tod des Bauern Feldkamp beschäftigen:

»Um die Mittagsstunde kamen von allen Seiten die Trauergäste herbei; das Haus füllte sich. Alle wurden zu einer Tasse Kaffee genötigt, doch lehnten die Männer meist ab, sie begnügten sich mit einem Glas Branntwein.
Auch die zum Singen bestimmten Schüler erschienen und erhielten Kaffee und Kuchen oder Zwiebäcke. Sie verzehrten von dem süßen, schmackhaften Gebäck gewaltige Mengen. Kurz vor dem Eintreffen des Lehrers wurde der Sarg geschlossen. Seinen Deckel schmückten einige einfache mit blauen und weißen Papierblumen gezierte Buchsbaumkränze, die von den nächsten Angehörigen selbst gebunden wurden. Auch brannten in hohen Leuchtern drei lange weiße Kerzen. Nun nahmen die Frauen ihre Plätze ein, die Männer versammelten sich im Flett (Küchenteil der Deele) und die Familienglieder in der guten Stube, deren Tür weit geöffnet war.
Der Lehrer führte die in zwei Reihen aufgestellten zwölf Schüler durch die große Deelentür auf die Deele bis kurz vor den Sarg. Der Lehrer nahm das Wort und kündigte die Liedstrophen an. Die Schüler stimmten das Lied an, und die ganze Trauerversammlung sang mit.
Der Lehrer stand am Flett und hielt die Andacht. Zum Schluss sangen alle die Strophe: »Wenn ich einmal soll scheiden.« Die Trauerfeier war beendet. Während der Lehrer in der Stube mit einer Tasse Kaffee bewirtet wurde, trafen die aufpassenden Nachbarn die letzten Vorbereitungen für die Friedhofsfahrt. Zwei junge Männer machten sich auf den Weg zum Pastor, um dem Küster und dem Kuhlengräber (Friedhofswärter) zu melden, der Trauerzug ist im Anzuge.
Der Pastor ging nun dem Leichenzug entgegen, der Küster schickte die Läuter auf den Turm, der Friedhofswärter begab sich zum Friedhof. Auf dem Hofe fuhr ein langer Leiterwagen, wie er im Sommer zur Getreideernte benutzt wird, vor die Deelentür. Vorne waren aus Strohsäcken vier Sitze für die weiblichen Angehörigen des Verstorbenen hergerichtet. Hinten war der Platz für den Sarg. Dieser wurde nun von sechs Männern mit Zylinder feierlich von der Deele getragen und auf den Wagen gehoben. Sorgfältig gewickelte Strohbündel, die unter und neben den Sarg gelegt wurden, sollten ein allzu starkes Schütteln und Schwanken desselben verhindern. Nach dieser Arbeit bekamen die sechs Träger ein Glas Schnaps und traten zurück.« (wird fortgesetzt)

Artikel vom 02.08.2006