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Kein trockener Shakespeare-Stoff

700 Besucher bei Premiere des »Sommernachtstraums« auf der Waldbühne Melle

Werther/Melle (Felix). Die Spannung vor der Premiere des Abendstückes - sie war groß. Noch nie zuvor hatte sich Jan Betge als Regisseur der Waldbühne Melle an einen Shakespeare-Stoff herangewagt. So wohnten die mehr als 700 Zuschauer am Samstagabend mit der Inszenierung von »Ein Sommernachtstraum« gleich einer doppelten Premiere bei.

»Diesmal haben wir uns ein wenig mehr Zeit für die Proben gelassen«, gestand Jan Betge. Denn auch der »Tag der Niedersachsen« am vorvergangenen Wochenende war einer der Gründe dafür, dass die Premiere des Abendstückes erst relativ spät in der Saison startete. Für die ersten Aufführungen im Jahr wurde so noch einmal das Vorjahresstück »Mirandolina« gezeigt.
Am Samstagabend aber wurden die Besucher in der restlos ausverkauften Waldbühne endlich hineingesogen in die Verwicklungen um den Herrscher über das Zauberreich des Waldes, Oberon (Marc Joost), und seine Gemahlin, die Königin der Elfen, Titania (Elke Mechau). Weil es in ihrer Liebe gerade kriselt, schickt Oberon seinen Diener, Puck (ein grandioser Stefan Richter!), auf den Weg, die Blume der Liebe zu suchen, um ihre Tropfen in Titanias Augen zu träufeln. Und weil Oberon ja kein Unmensch ist, weist er Puck auch gleich an, ein im Wald wandelndes und sich ebenfalls streitendes Liebespaar mit demselben Saft zu bedenken.
So weit so gut - doch Puck kommt bei so vielen Menschen im Wald durcheinander (oder will er sogar für Verwirrung sorgen?). Und so träufelt er nicht dem Athener Demetrius (Björn Schäffer) den Saft ins Auge - sondern Lysander (Kay-Hendrik Schürmann). Der nämlich ist mit seiner Geliebten Hermia (Kerstin Schünke) ebenfalls in den Wald geflohen, weil Hermias Vater, Egeus (Natascha Büttner), gedroht hatte, seine eigene Tochter zu töten, sollte die sich für Lysander entscheiden. Lysander entflammt beim Aufwachen nun aber für den ersten Menschen, den er sieht - und das ist nicht Hermia, sondern Helena (die eigentlich hinter Demetrius her ist, der von ihr aber nichts wissen will).
Trockener Shakespeare-Stoff? Keineswegs! Die Verwicklungen des »Sommernachtstraums« haben schon Generationen von Zuschauern begeistert. Und wer Jan Betge und das Waldbühne-Team kennt, weiß, dass man sich bei ihnen auf Überraschungen freuen darf. Die traten nicht nur durch Wortspielereien auf der Bühne zu Tage (Helena: »Jetzt fällt bei mir der Groschen« - Demetrius: »Euro!«). Auch der Zuschauerraum wurde zur Spielfläche, etwa wenn Handwerker Zettel sich vor Spielfreude dorthin flüchtete oder Waldgeist Puck eine Pause in der dritten Reihe brauchte.
Neben der Spielfreude der Laiendarsteller waren es aber vor allem auch die Masken und fröhlich-bunten Kostüme sowie die gezielt eingesetzten Lichteffekte, die die Shakespeare-Aufführung zu einer rundum gelungenen Inszenierung werden ließen. »Das Besondere an Shakespeare ist der schnelle Wechsel der Emotionen«, erklärt Jan Betge. »Das macht es in den Dialogen für die jungen Darsteller aber auch schwierig«, so der Regisseur, der seit nunmehr 15 Jahren für die Aufführungen der Waldbühne verantwortlich zeichnet. Der Applaus der Zuschauer am Samstagabend gab ihm in seiner Wahl wieder einmal mehr als Recht. Fazit: Unbedingt hingehen und selber schauen. Am besten mit vorheriger Kartenreservierung unter % 0 54 22 / 42 44 2 oder im Internet unter www.waldbuehne-melle.de.

Artikel vom 01.08.2006