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Angriffe trotz Feuerpause

Nahost: Weltsicherheitsrat sucht Lösung - Israel lehnt Waffenstillstand ab

Tel Aviv/Beirut (dpa). Ungeachtet einer zweitägigen Pause bei den Luftangriffen haben israelische Kampfflugzeuge auch gestern vereinzelt Ziele im Südlibanon unter Feuer genommen. Der libanesische Außenminister Fausi Salluch warf Israel vor, die Pause nicht einzuhalten.

Israel hatte den bedingten 48-stündigen Stopp nach dem verheerenden Blutbad von Kana mit mehr als 50 Toten verkündet. Verteidigungsminister Amir Perez erklärte jedoch gleichzeitig, die Armee werde ihre Operation gegen die radikale Hisbollah-Miliz ausweiten.
Israel hatte sich eine Reihe von Ausnahmen bei der Aussetzung seiner Luftangriffe vorbehalten. So werde man im Fall einer »direkten Bedrohung« etwa durch Katjuscha-Angriffe, bei Waffentransporten oder beim Schutz von Bodentruppen dennoch Angriffe fliegen. Die Hisbollah setzte ihre Angriffe auf den Norden Israels ebenfalls fort. In der Grenzstadt Kiriat Schmona schlugen zwei Katjuscha-Raketen ein.
US-Außenministerin Condoleezza Rice zeigte sich zum Abschluss ihres Besuchs in Jerusalem dennoch zuversichtlich, dass eine Waffenruhe noch in dieser Woche erzielt werden kann. Sie stellte Details eines Plans zur Lösung der Krise vor.
Der Weltsicherheitsrat sagte zu, intensiv an einer dauerhaften Lösung für Libanon zu arbeiten. Das UN-Gremium äußerte sich auch »äußerst schockiert und erschüttert« über den Angriff auf Kana, verurteilte Israel dafür auf Druck der USA aber nicht.
Die Vereinten Nation haben gestern ihr Treffen zur Vorbereitung einer möglichen internationalen Friedenstruppe für den Libanon auf unbestimmte Zeit verschoben. Ein UN-Vertreter sagte, die Sitzung sei verschoben worden, »bis es mehr politische Klarheit« über den im Nahost-Konflikt zu beschreitenden Pfad gebe.
Rice sagte, zu ihrem Plan gehörten eine Feuerpause und der Einsatz einer internationalen Stabilisierungstruppe, die zusammen mit der libanesischen Armee im Süden Libanons stationiert werden solle. »Bewaffnete Gruppen« müssten im Libanon verboten und neue Waffenlieferungen von einer internationalen Truppe verhindert werden. Israel werde im Gegenzug die internationale Grenzlinie zum Libanon nicht verletzen.
Perez erklärte, Israel dürfe einer sofortigen Waffenruhe nicht zustimmen. Israel habe dem Raketenarsenal von Hisbollah zwar entscheidenden Schaden zugefügt, dennoch stellten die Raketen weiterhin eine ernste Bedrohung dar. »Wir kämpfen um unsere Heimat«, sagte Perez im Parlament.
Trotz des Stopps der Luftangriffe wurde nahe der Hafenstadt Tyrus ein Fahrzeug beschossen, in dem die Luftwaffe versehentlich ein führendes Hisbollah-Mitglied vermutete. Stattdessen starb ein libanesischer Soldat.
Auch Ziele bei Taibe im Südlibanon, wo sich israelische Bodentruppen Gefechte mit Hisbollah-Kämpfern lieferten, seien bombardiert worden, bestätigten UN-Quellen in Beirut. Ein Gebiet nahe des Dorfes Mardschejun sei ebenfalls getroffen worden.
Die Bundesregierung will die Feuerpause nutzen, um die restlichen, im Libanon verbliebenen Deutschen aus dem Kriegsgebiet zu bringen. Seite 4: Hintergrund

Artikel vom 01.08.2006