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Familienfreundlichkeit
hilft Fachkräfte sichern

Größere Vereinbarkeit von Beruf und Familie nötig

Warburg (WB/ski). Dem drohenden Fachkräftemangel sollte durch eine familienorientierte Personalpolitik vorgebeugt werden. Dazu rät die Regionalstelle »Frau und Beruf«, die über familienfreundliche Maßnahmen in der mittelständischen Wirtschaft informiert.

Der drastische Rückgang der Geburtenzahlen in Deutschland wirft bereits tiefe Schatten auf unser Land. Die Bundesrepublik rangiert mit ihrer Geburtenrate unter 190 Staaten derzeit auf Platz 185. Den Kindergärten und Schulen gehen die Kinder aus, den Unternehmen der qualifizierte Nachwuchs.
Mit familienfreundlichen Maßnahmen wie zum Beispiel dem heiß diskutierten Elterngeld versucht die Politik junge Menschen zu motivieren, mehr Kinder oder überhaupt Kinder in die Welt zu setzen. Die Frauen aber sitzen zwischen zwei Stühlen: Auf der einen Seite sollen sie den Geburtenrückgang aufhalten und Mutter werden. Auf der anderen Seite werden sie in Zukunft als Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt dringend gebraucht. »Beides unter einen Hut zu bekommen, geht auf Dauer nur dann, wenn ein familienfreundliches Klima herrscht - in der Gesellschaft, in der Politik und in der Wirtschaft«, meinte Gabriele Schidlack von der Regionalstelle »Frau und Beruf«, die bei der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung angesiedelt ist.
Ob Job und Familie vereinbar sind, hängt nach Ansicht von Regionalstellenleiterin Gabriele Schidlack maßgeblich von den Betreuungsmöglichkeiten in der Region ab. Allerdings könnten auch die Unternehmen einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Familie und Karriere unter einen Hut bekommen. »Familienfreundlichkeit ist mehr als eine großzügige Geste des Chefs. Sie wird in Zukunft ein knallharter Erfolgsfaktor sein. Betriebe, denen es gelingt, ihr Fachpersonal langfristig an sich zu binden, werden in Zukunft im internationalen Wettbewerb besser dastehen als Betriebe, denen die Leute davonlaufen - weil die Arbeitszeiten ungünstig sind, weil sich die Arbeit nicht mit der Familie vereinbaren lässt oder weil Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit familiären Verpflichtungen kaum Aufstiegsmöglichkeiten geboten werden«, meinte Gabriele Schidlack.
Gerade kleinere und mittlere Unternehmen blockten das Thema familienfreundliche Personalpolitik häufig mit dem Argument ab, das sei doch etwas für die großen Konzerne. Dabei wiesen mehrere Studien nach, dass sich familienfreundliche Maßnahmen auch in kleineren mittelständischen Unternehmen betriebswirtschaftlich rechnen. Familienfreundlichkeit führe nachweislich zu einer höheren Mitarbeitermotivation und Leistungsfähigkeit sowie zu niedrigeren Fehlzeiten.
Gabriele Schidlack: »Familienfreundlichkeit heißt nicht, dass jeder Betrieb ungeachtet seiner finanziellen Möglichkeiten einen Betriebskindergarten gründen soll. Sie ist vielmehr eine Frage der Unternehmenskultur.« Familienphasen sollten nicht länger als Nachteil in der Berufsbiographie gesehen werden, sondern als Vorteil.
Abgesehen von der familienfreundlichen Unternehmenskultur gebe es eine ganze Reihe von kostengünstigen familienfreundlichen Maßnahmen, die sich auch für kleine und mittlere Betriebe rechnen. Gabriele Schidlack rät: »Überlegen Sie, ob sich in ihrem Unternehmen die Arbeitszeiten flexibler gestalten lassen, zum Beispiel durch die Einführung einer Kernarbeitszeit. Laden Sie Mitarbeiterinnen auch während der Elternzeit zu betrieblichen Besprechungen und Veranstaltungen ein, damit sie den Kontakt zum Betrieb nicht verlieren. Geben Sie ihnen die Möglichkeit, an Schulungen teilzunehmen, damit sie fachlich auf dem Laufenden bleiben. Führen Sie vor der Elternzeit Gespräche, wann die Mitarbeiterin zurückkommen möchte und wie man das organisieren kann. Je früher sie zurück kommt, desto weniger müssen Sie in ihre Wiedereingliederung oder in die Beschaffung einer Ersatzkraft investieren.«
Im Herbst diesen Jahres wird die Regionalstelle in mehreren Fachvorträgen über das Thema »Familienorientierte Personalpolitik« informieren. Darüber hinaus wird es in Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle »Frauenkompetenzen für OWL«, die ebenfalls bei der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung angesiedelt ist, ein Fachforum zum Thema »Demographischer Wandel« geben. Die Termine werden rechtzeitig bekanntgegeben.

Artikel vom 29.07.2006