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Tiefer Blick in Geschichte des Sollings

Grabung bei Wüstung Schmeessen wieder aufgenommen - interessante Funde in Kirche

Von Herbert Sobireg
Lauenförde/Brüggefeld (WB). Einen tiefen Blick in die Geschichte der heimischen Region, insbesondere in die der Wüstung Schmeessen im Solling, ermöglichten Grabungen im Sommer 2005. Ein reichhaltiges Spektrum an Funden erbrachte das Graben im Bereich der Wüstung: Karolingische Keramik (8./9. Jahrhundert), Silbermünzen (Mitte 13. Jahrungdert), Tafelmesser (13./14. Jahrhundert) und Keramik (13./14. Jahrhundert).

Die Grabungen vor Ort (werden jetzt fortgesetzt) leitete Dr. Michael Bendon aus Australien, Dozent an der Universität Kyoto/Japan, unter der Hauptgrabungsleitung von Prof. Dr. Hans-Georg Stephan von der Universität Halle-Wittenberg (dozierte früher in Höxter). Die Studenten, die an den Grabungen teilnahmen, kamen aus unterschiedlichen Fachrichtungen: Kunstgeschichte, Denkmalpflege, Christliche-, Klassische- und Prähistorische Archäologie. Sie alle und viele Helfer aus der Region ließen durch ihr Interesse und die ständige Begeisterung die Grabungssaison zum Erfolg werden. Durch seine regelmäßigen Besuche und fundierte Betreuung in Sachen Ausgrabung und Funde, erleichterte Prof. Dr. Stephan die Interpretation der Grabungsergebnisse.
Um die Organisation dieser Grabungen mit allem, was daran hängt, zu bündeln und zu unterstützen, wurde der »Kultur-Naturhistorische Dreiländerbund Weserbergland e.V.« (KNDW) gegründet. Dem Vorstand gehören an: Vorsitzender Jürgen Koch, erster Stellvertreter Waldemar Reuter, 2. Stellvertreter Martin Spindeler, Kassenwartin Petra Koch, Pressewartin Lydia Schöttler und als wissenschaftlicher Beirat Prof. Dr. Hans-Georg Stephan.
Nach einem ersten Besuch des Fundplatzes Schmeessen im Sommer 2004 ergab sich die Möglichkeit, die sich unter einer leichten Erhebung abzeichnenden Gebäuderelikte der vermuteten Kirche der Wüstung Schmeessen zu untersuchen. Durch finanzielle und materielle Unterstützung des gegründeten »Kultur-Naturhistorischen Dreiländerbundes« und der Kulturstiftung Holzminden wurde bereits im folgenden Sommer 2005 mit den Arbeiten begonnen.
»Während der zweimonatigen Grabung im Sommer 2005 wurden die Überreste eines etwa 9 x 16 Meter großen Gebäudes freiglegt. Es handelte sich dabei um die Kirche der vermutlich 1447 von böhmischen Söldnern geplünderten Siedlung Schmeessen«, so das Fazit von Grabungsleiter Dr. Bendon. Große Teile des Baumaterials seien jedoch während der vergangenen Jahrhunderte gezielt abgebrochen und an anderer Stelle wieder verwendet worden. »Was erhalten blieb«, so Dr. Bendon weiter, »sind die Fundamente und die unteren Schichten des aufgehenden Mauerwerks der Westwand sowie einzelne Fragmente der Fundamente im Norden, Süden und Osten.« In den historischen Siedlungsschichten sei eine große Anzahl von Keramikscherben, datierend aus der Zeit von 800 bis 1450 n. Christus und erstaunlich viele Metallfunde gesichert worden.
»Bereits seit Januar laufen die Vorbereitungen für die jetzt im Juli wieder begonnenen und bis Oktober vorgesehenen Ausgrabungsaktivitäten in Schmeessen«, ließ Jürgen Koch, Vorsitzender des Kultur-Naturhistorischen Dreiländerbundes Weserbergland gegenüber dem WESTFALEN-BLATT verlauten. Auch in diesem Jahr habe Dr. Michael Bendon die Leitung übernommen, die Hauptleitung wieder Prof. Dr. Stephan. Das Grabungsteam bestehe aus einem internationalen Studententeam. »Es ist beabsichtigt, die Ausgrabungen an der Kirchenruine in wenigen Wochen abzuschließen. Weitere Projekte im Umfeld werden prospektiert und archäologisch untersucht. Wir planen, in die mittelalterlichen Siedlungsstrukturen Schmeessens vor zu stoßen. Weiterhin sollen die Relikte eines kleineren Gebäudes, das Einheimische als Hirtenhaus kennen, zur zeitlichen und funktionalen Einordnung untersucht werden«, meinte Jürgen Koch.

Artikel vom 29.07.2006