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Das Wort zum Sonntag

Von Pater Gerd Blick, Marienmünster


Noch ist sie vielfach zu sehen - vor allem an Autos: die Nationalflagge in den Farben »schwarz-rot-gold«. Und jeder der dieses Zeichen sieht, weiß sofort, wofür diese Fahne steht. Und der, der sie am Auto hat, outet sich so als Deutschlandfan.
Es gibt zahlreiche Zeichen. Denken Sie mal an die Zeichen der Liebe: ein Blumenstrauß, ein Händedruck, eine Umarmung oder ein Kuss -Êalles Zeichen der Liebe. Es gibt sicherlich noch mehr. Ohne Zeichen kommen wir Menschen einfach nicht aus. Ohne Zeichen kommt vor allem der Glaube nicht aus!
Wir brauchen Zeichen, die uns Hintergründiges deutlich machen; wir brauchen Zeichen, die uns die Tiefendimension des Lebens an die Oberfläche holen, denn hinter jedem Zeichen steckt mehr als man sieht, oft auch mehr als man glaubt!
Kein Wunder also, dass dieser Jesus zahlreiche Zeichen gesetzt hat, um den Menschen etwas Wichtiges und Wesentliches zu sagen.
»Eine große Menschenmenge folgte ihm (Jesus), weil sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat« -Êhören wir am kommenden Sonntag aus dem Evangelium (Joh 6,2). Die Menschen sahen, wie er Kranken die Hände auflegte, wie er Stumme zum Reden brachte, wie er Blinde sehend machte, wie er Taube aufhorchen ließ und Totgesagten zum Leben aufhalf. Ja hinter den Zeichen Jesu steckte mehr, er selber steckte dahinter, seine ungeheuchelte und liebevolle Nähe zum Menschen steckte dahinter. Seine Liebe zum Menschen war die »Zauberkraft«, die Menschen verwandelte.
Die Liebe Gottes zum Menschen, die in Jesus Christus durchschlagende Kraft fand, war die »Zauberkraft«, die die Herzen der Menschen entzündete, neu und heiler zu werden.
Wenn wir am Sonntag eine »Brotvermehrungsgeschichte« hören, dann hat dies nichts mit Magie und Zauberei zu tun, als ob das Brot beim Austeilen gewissermaßen »wieder Junge bekommen« hätte. Ein kleiner Junge, er ist bereit das, was er hat, zu teilen. Der Junge, ein kleines unbekümmertes Kind, das noch großzügig teilen kann, weil es noch nicht verdorben ist durch die Mentalität: Sollen doch erst mal die da teilen und der daÉ undÉ undÉ
Ein heute mittlerweile schon älteres geistliches Lied heißt: »Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt.« Das ist das Wunder Jesu, die verwandelnde Kraft seines Wortes und seiner Liebe, dass sich auf einmal Hände auftun, die ansonsten krampfhaft festhalten wollen, dass Herzen die Not anderer spüren und zum Teilen bereit sind, dass Ohren den Ruf nach Hilfe nicht überhören und Augen die Not anderer nicht übersehen. Das ist die verwandelnde Kraft der Liebe Jesu, wenn einer zu teilen beginnt, dass andere im wahrsten Sinne des Wortes »mit«-teilen.
»Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt.« So könnte das wunderbare Geschehen der Brotvermehrung immer wieder neu geschehen, wenn wir nicht nur Lebensmittel produzierten und über manche Wege zum Produktionsort zurücktransportierten oder sogar vernichten, um den Preis zu halten oder bestimmen zu können, sondern sie teilten und austeilten und es würde noch reichlich übrig bleiben.
Das dieses wunderbare Geschehen sich so selten wiederholt, liegt nicht in Ermangelung an Gütern und Waren, vielmehr in ihrer ungerechten Verteilung. Und wir können es drehen und wenden wie wir wollen: Terror und Kriege und Verbrechen in Asien, Afrika usw. werden erst dann geringer, wenn die gerechte Verteilung der Güter sich mehrt.
»Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt!« Ob mich diese Geschichte der Brotvermehrung, ob mich dieser Jesus animieren kann zum Teilen? Er selber hat sich und sein Leben wie Brot brechen und austeilen lassen; durch seine reine und göttliche Liebe ist er selber das Brot für den Hunger, der mit irdischem Brot nicht zu stillen ist.
Im eucharistischen Brot empfange ich ihn selber, so dass er mir in Fleisch und Blut übergehen kann und ich seine Liebe gleichsam schmecken kann. Und genau darauf will dieser Jesus mich hinweisen durch das Zeichen der Brotvermehrung; auf das wahre Brot, das der Welt das Leben gibt, weil er selber nicht nur »dahinter-steckt«, sondern vielmehr »drinsteckt«, auf die Liebe, die sich im gebrochenen und geteilten Brot zeigt und auf die Verantwortung für die »brotlosen« Menschen, in die mich seine Liebe ruft. Wobei Brot ein Synonym ist für all das, was ich zum Leben brauche: Liebe, Versöhnung, Gemeinschaft, Vergebung, Gerechtigkeit, Frieden, Barmherzigkeit und Zeit und noch vieles mehr.
Wenn einer zu teilen beginnt, werden sich immer mehr Menschen finden, die »mit«-teilen.
Mit dem Wunsch, dass Sie an diesem Wochenende Ihre Zeit teilen mit Gott und Gottesdienst, mit der Familie, mit Freunden und Bekannten, wünsche ich Ihnen allen einen gesegneten Sonntag und eine gute, neue Woche!

Artikel vom 29.07.2006