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Geschäftsfreund belastet
säumigen Auftraggeber

Vor Gericht: Steinhagener Software-Firma insolvent

Steinhagen/Halle (fn). Am Telefon direkt zur Rede gestellt, soll er Ja gesagt haben. Ja, er habe den Auftrag in dem Wissen vergeben , die Arbeit nie bezahlen zu können. Auf dieser Zeugenaussage beruhte die Betrugsanklage gegen einen 43-jährigen Steinhagener, die gestern vor dem Haller Amtsgericht verhandelt wurde.

Demnach soll der Geschäftsführer einer heimischen Software-Firma einen Bünder Software-Entwickler im Januar 2005 mit einem Kunden betraut haben, obwohl sich die Firma schon so in Not befand, dass eine Begleichung der 13 000-Euro-Rechnung des Bünders nicht mehr möglich gewesen sein soll. Inzwischen ist für die Steinhagener Firma Insolvenzantrag gestellt.
Wie der Angeklagte ausführte, spitzte sich bereits 2004 die Lage so zu, dass er ein Privatdarlehen über 100 000 Euro aufnahm und in die Firma steckte. In der Hoffnung, dass mit ausstehenden Rechnungen und neuen Großkunden bald wieder genügend finanzieller Spielraum vorhanden sei. Doch auf die Anfang 2005 herausgeschickten Jahresrechnungen an Dauerkunden im Wert von 300 000 Euro gingen keinerlei Zahlungen ein, keine weiteren Verträge konnten abgeschlossen werden. Es hatte sich herumgesprochen, dass die Firma in einer schwierigen Lage war, so der Anwalt des Steinhageners.
Der 38-jährige Bünder Software-Entwickler nun -Ê»wir hatten eigentlich immer ein kollegiales, ja freundschaftliches Verhältnis« -Êhatte bereits 2004 die regelmäßige Zusammenarbeit eingeschränkt. Neue Aufträge wollte er für den Steinhagener nur ausführen, wenn seine Rechnungen sofort aus den Zahlungen der Kunden beglichen würden. Das war ihm auch im Januar 2005 noch einmal ausdrücklich zugesichert worden. Am 30. Januar habe er die neue Rechnung ausgestellt. Doch angeblich habe der Kunde erst am 17. März bezahlt, sei ihm vom Steinhagener Geschäftsfreund mitgeteilt worden. Zahlungen an den Bünder erfolgten nicht. »Die Bank hat das meiste Geld einbehalten, nur noch wenige Tausend Euro im Monat als Spielraum gelassen«, berichtete der Angeklagte. Er bestritt, dem Software-Entwickler bestätigt zu haben, ihn von Anfang an gar nicht bezahlen zu wollen.
Aussage stand gegen Aussage. Richter Peeter-Wilhelm Pöld stimmte schließlich einer vorläufigen Einstellung des Verfahrens zu, zumal der »Kronzeuge« bei der Polizei leicht abweichende Angaben gemacht hatte. Und auch weil der Angeklagte bereits einen Strafbefehl über 1950 Euro in Sachen Insolvenzbetrug bekommen hatte: Dabei ging es um einen Monat nicht gezahlte Sozialabgaben für seine zwei Mitarbeiter.

Artikel vom 27.07.2006