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Das Besondere
im Alltäglichen

Norbert Johannimloh auf 510 Seiten


Verl/Münster (WB). Viel geredet wurde im Elternhaus nie und so hatte Norbert Johannimloh als Junge auch in geselligen Runden wenig beizutragen. Daraus schloss er, dass Erzählen nicht so seine Sache sei, wie er in einer autobiografischen Notiz anmerkt. Diese frühe Überzeugung hat der heute 76-jährige gebürtige Verler in seinem Leben eindrucksvoll widerlegt und eine Fülle von Gedichten, Erzählungen und Hörspielen geschaffen, die von vielen Kritikern mit Lobgesängen bedacht und in den klassischen Literaturkanon eingereiht wurden. Der Zweitausendeins Verlag hat nun das Werk des in Münster lebenden Autoren und pensionierten Dozenten auf 510 Seiten zu einer Essenz des Schaffens aus 40 Jahren zusammengebunden, zu »einem westfälischen Sittenbild voller Drastik, Komik und abgründig sinnlicher Ländlichkeit«, wie es im Klappentext heißt. »Regenbogen und Appelbaumchaussee« heißt der Sammelband und der Titel führt viel Heimatliches mit sich. Denn gerade diese Erzählung ist eine Liebeserklärung an Verl, das er noch heute hin und wider besucht.
Sinnlich sind die Texte von Norbert Johannimloh in der Tat. Er beobachtet genau, schildert einfach und treffend und lässt die Begegnung mit den kleinen Dinge des Alltags zum eindringlichen Erlebnis werden. Die Texte führen auf Sehnsuchtswege in die Kindheit, lassen Bilder ohne nostalgisches Pathos wach werden, spüren der menschlichen Einsamkeit nach, nehmen mit der Freude am Skurrilen Schwächen und Sonderbarkeiten unter die Lupe, sind aber immer leise und wirken nach.
Wer dem Bogen seines Schaffens folgt, kommt irgendwann unweigerlich bei den Wurzeln in der alten Heimat Verl an. Hier verdichtet sich seine Literatur im tiefen Gefühl, das in der plattdeutschen Lyrik seinen Ausdruck findet. In ihr entdeckt sich Norbert Johannimloh als Erzähler. Die plattdeutsche Sprache ist für ihn das Tor zum eigenen Weg als Dichter und Schriftsteller. Nicht lange nach den ersten Lyrikbeiträgen versucht er sich an der Form des Hörspiels. Zwischen 1962 und 2006 entstehen 14 plattdeutsche Hörspiele, die über den Äther gingen. Sie beschäftigen sich mit Land und Leuten aber auch mit dem historischen Täuferstoff, bei dem der studierte Theologe, Germanist, Kunstgeschichtler und Altphilologe aus seiner Fachkompetenz schöpfen konnte. Heute ist das Schreiben etwas in den Hintergrund getreten. Zurzeit hat er eine alte Liebe aus Studienzeiten wieder entdeckt: Leinwand und Farbe »Ich male Hühner und Wäsche auf der Leine«, schmunzelt er und - wie könnte es anders sein - er malt Bücherstapel.Manfred Köhler

Artikel vom 27.07.2006