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»Mit dem Stadion darf es
nicht mehr lange dauern«

Interview mit dem Sportlichen Leiter Günther Rybarczyk

Von Peter Klute (Text)
und Mario Berger (Fotos)
Herzlake (WB). Auch das zweite Trainingslager des SC Paderborn 07 gehört morgen der Vergangenheit an. Fast ein Monat Vorbereitung liegt hinter dem Zweitligisten, nur noch zwei Wochen sind es bis zum Saisonstart in Braunschweig. In Herzlake stellte sich der Sportliche Leiter Günther Rybarczyk den Fragen des WESTFALEN-BLATTES, blickt im Interview zurück und nach vorne.

Herr Rybarczyk, Trainingslager bieten sich ideal für Vertragsgespräche an. Trainer Jos Luhukay hat beim Trainingsauftakt gesagt, dass er sich gut vorstellen könne, länger als zwei Jahre in Paderborn zu bleiben. Wann verlängern Sie seinen Vertrag?Günther Rybarczyk: Wir haben darüber geredet und uns beidseitig auf einen späteren Zeitpunkt verständigt. Ich mache aber keinen Hehl daraus, dass der Verein ihn gerne länger behalten würde.

Der Trainer möchte verlängern, der Klub auch. Woran hakt es?Rybarczyk: Es geht um den richtigen Zeitpunkt. Ich habe gegenüber Jos Luhukay einen hohen Respekt und möchte ihm Bedingungen anbieten, die seiner Qualität entsprechen. Verträge bedeuten nichts, wenn jemand weg will. Es geht hier nicht nur um das neue Stadion, sondern auch um die Trainingssituation und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Wenn ich die Plätze beim ersten Trainingslager in Straelen gesehen habe und die Paderkampfbahn damit vergleiche, kann man schon neidisch werden.

Von den 25 Lizenzspielern haben 18 Verträge bis 2008, Roel Brouwers bis 2009. Lediglich die Kontrakte von Lukas Kruse, Thorsten Becker, Markus Krösche, Dusko Djurisic, Benjamin Schüßler und Marc Gouiffe à Goufan laufen nächstes Jahr aus. Das sieht nach einem Zweijahresplan aus. Liegt das vor allem an der Stadionsituation?Rybarczyk: Mir persönlich ist schon bewusst, dass das mit dem neuen Stadion nicht mehr lange dauern darf. Nach dem Aufstieg ging es darum, das erste Jahr zu überstehen. Wir sind angetreten mit dem festen Glauben, danach in neuer Umgebung zu spielen. Die ganze Philosophie, das neue Stadion und die Euphorie zu nutzen, ist durch den Baustopp über den Haufen geworfen. Mit der Paragon Arena wäre es leichter zu sagen, jetzt springen wir mal über unseren Schatten und gehen mehr Risiko. Ursprünglich wollten wir die große Fluktuation mit acht Neuzugängen vermeiden und uns mit zwei, drei Hochkarätern verstärken. So mussten wir umdenken. Der dünne Kader wäre uns im vergangenen Jahr fast zum Verhängnis geworden und wir wussten auch nicht, was mit Hüzeyfe Dogan, Stephan Maaß, René Müller und Thorsten Becker wird. Die Abgänge von Marcel Ndjeng und Markus Bollmann zu Arminia Bielefeld wären auch mit einem neuen Stadion nicht zu verhindern gewesen, aber ohne Marcels Transfer hätten wir keine acht neuen Spieler verpflichten können. So sind wir zumindest in der Breite wesentlich besser aufgestellt.

Sie haben die acht Neuzugänge angesprochen. Ihr Schwiegersohn Antonio Di Salvo ist von Hansa Rostock zu 1860 München gewechselt. Warum nicht zum SCP?Rybarczyk: Weil es der falsche Zeitpunkt gewesen wäre. Sicher hat das auch etwas mit meiner Person zu tun, obwohl ich denke, es wäre kleinkrämerisch, es nur darauf zu schieben. Die negativen Reaktionen im Internet aber haben Antonio sehr weh getan und zeigen, dass wir noch nicht aus einer Provinzposition herausgekommen sind. Das war eines von vielen, kleinen Mosaiksteinchen, die dagegen gesprochen haben. Auch für den Trainer wäre die Konstellation nicht einfach gewesen. Es ist schade, vor allem meine Tochter hat das sehr bedauert. Meine Frau und ich hätten Kerstin und unser Enkelkind natürlich auch gerne bei uns gehabt. Für Antonio ist es aber besser so, denn so viele Tore hätte er gar nicht schießen können, um die Bedenken von außen zu zerstreuen. Und bei jedem schlechten Spiel hätte er es doppelt und dreifach zurück bekommen. Man muss mir nicht mehr erzählen, dass man in Paderborn auf Eigengewächse setzt. Dann hätte von allen Seiten das Signal kommen müssen, Antonio unbedingt zurückzuholen. Im Gegensatz dazu hat er in einer Weltstadt wie München ein Riesenansehen. Nicht nur 1860, auch Unterhaching wollte ihn haben. Selbst der FC Bayern hatte Interesse an ihm als Führungsspieler für die U 23.

Mehr als die Hälfte der Vorbereitung ist vorbei. Welches Gefühl haben Sie?Rybarczyk: Es wird deutlich, dass es länger dauert als im Vorjahr, bis das Team funktioniert. Das hat mehrere Gründe, Einer ist, dass einige Neue noch Sprachprobleme haben. Hinzu kommt, dass bei dem einen oder anderen eventuell unterschwellig der Gedanke da ist, schon etabliert zu sein. Nach dem Aufstieg im Vorjahr wusste jeder, dass er bis an die Grenze gehen muss, um zu bestehen. Da fehlen jetzt vielleicht ein paar Prozent. Die Ausfälle von Dennis Schulp, der auf dem Weg zum Führungsspieler war, und Fumaca, der bislang sehr auffällig gespielt hat, tun natürlich auch weh. Das alles spiegelt sich auf dem Platz und in den Ergebnissen in den bisherigen Tests wider.

Es gibt Spieler, die in der abgelaufenen Saison aus verschiedenen Gründen noch nicht alles gezeigt haben, zum Beispiel Hüzeyfe Dogan und Dusko Djurisic. Von wem erwarten Sie besonders viel?Rybarczyk: Bei Hüzeyfe Dogan merkt man, dass er nach der langen Pause um jeden Meter kämpft. Er hat noch nicht seinen Rhythmus, aber man spürt, dass er jede Gelegenheit nutzt, um aufzuholen. Bei Dusko Djurisic habe ich eine große Erwartungshaltung, weil er alles mitbringt, was man auf seiner Position braucht. Er hatte im Vorjahr Pech mit Verletzungen und Markus Bollmann und Roel Brouwers haben in der Innenverteidigung überragend gespielt.

Was dürfen die Fans des SCP in der neuen Saison erwarten?Rybarczyk: Ich wünsche mir, dass die Unterstützung so ist wie in der Vorsaison. Auch mit der Kenntnis, dass es nicht so laufen und schwierige Phasen geben könnte. Da hoffe ich auf Geduld.

Artikel vom 27.07.2006