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Ein Wettlauf mit dem Wetter

Angekündigtes Ende der Hitzewelle mit Gewittern bedroht die Rapsernte

Von Per Lütje (Text und Fotos)
Löhne-Mennighüffen (LZ). Was Friedrich-Wilhelm Steinmeier jetzt gar nicht gebrauchen kann, ist ein Unwetter. »Das wäre für den Raps tödlich. Dann ist die Ernte hin.« Es ist ein steter Wettlauf mit der Zeit, denn in den nächsten Tagen soll die Hitzewelle mit kräftigen Gewittern ein jähes Ende finden. Viel Arbeit also für den 45-Jährigen, bis dahin die Felder abzuernten.

Wo früher dutzende Erntehelfer auf den Äckern schwitzten, zieht heute ein Mähdrescher einsam und zügig seine Kreise. »Ein Hektar schafft er in der Stunde«, erklärt Steinmeier. Und das ganze sogar ohne Schweißvergießen, da in der Kabine eine Klimaanlage dafür sorgt, dass der Fahrer einen kühlen Kopf bewahrt.
150 Hektar Land bewirtschaftet der Mennighüffener. Zusätzlich betreibt der Vollerwerbslandwirt eine Schweinezucht und hält auf seinem Hof abseits der Huchzener Straße Milchkühe. Dem in vielen Fernsehserien gemalten Bild eines Bauern in Gummistiefeln, einem Arbeitsanzug und am besten noch mit einer Mütze auf dem Kopf und einer Pfeife im Mund entspricht der 45-Jährige so gar nicht. »Die Realität ist eine ganz andere. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist ein Wirtschaftsunternehmen«, sagt Steinmeier. Zwar wird auch heute noch die meiste Arbeit auf dem Feld verrichtet, der Anteil an Verwaltung und Bürokratie nehme aber immer mehr zu. »Das ist auch mit ein Grund, warum kleinere Höfe nicht mehr überleben können und kapitulieren.«
Friedrich-Wilhelm Steinmeier hat nicht vor zu kapitulieren und deshalb in den vergangenen Jahren stetig Land hinzugekauft, um für die Zukunft gerüstet zu sein. »Wenn man bedenkt, dass die Preise, die für landwirtschaftliche Produkte erzielt werden, seit 20, 30 Jahren fast auf dem gleichen Niveau geblieben sind, kann man sich vorstellen, dass die Gewinnspanne kleiner geworden ist. Insofern ist es notwendig, eine gewisse Größe zu erreichen.«
In puncto Raps geht der Mennighüffener auf Nummer sicher und hat einen Vertrag mit der Stemweder Genossenschaft geschlossen. An diese verkauft er seine Ernte zu einem vorher festgelegten Preis. »Die Preise für Raps richten sich nach der Börse und kann von einen Tag auf den anderen sehr stark variieren.« Risiken birgt aber eben auch das Wetter. Friedrich-Wilhelm Steinmeier erinnert sich mit Grausen an das Jahr 2002: »Damals ist etwa zwei Tage vor der Ernte ein kleiner Hagelschauer niedergegangen. Die Fruchthülsen waren bereits so trocken, dass sie bei der kleinsten Berührung aufplatzten. 90 Prozent der Ernte war futsch.«
Auch in diesem Jahr spielt das Wetter wieder verrückt. »Hitze und Trockenheit machen uns aber nicht so sehr zu schaffen«, sagt der Landwirt. So sei denn auch die Gerstenernte vor zwei Wochen zufriedenstellend ausgefallen. »Schlimmer war es im vergangenen Jahr, als der Sommer total verregnet war. Das hatte zur Folge, dass das Korn nur an wenigen Tagen gedroschen werden konnte, weil es so feucht war.«
Dieses Problem stellt sich bei der bevorstehenden Rapsernte nicht. Durchschnittlich 40 Doppelzentner, sprich vier Tonnen Raps gibt ein Hektar her. Nicht mehr als neun Prozent Wasser darf er enthalten, wenn Steinmeier ihn bei der Genossenschaft abliefert. Andernfalls gibt es Preisabzüge. Dort werden die kleinen schwarzen Samenkörner in einer Kaltpressanlage zu Bio-Dieselkraftstoff verarbeitet - etwa acht Tonnen täglich. »Das Geschäft mit dem alternativen Kraftstoff boomt angesichts der steigenden Spritpreise«, sagt Steinmeier, der selbst bei jeder neuen Preisrunde an den Tankstellen zusammenzuckt. Bei einem Mähdrescher, der etwa 20 bis 25 Liter Diesel in der Stunde verbraucht, kein Wunder.

Artikel vom 27.07.2006