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Freudentränen bei Familie Kaawar

Angehörige im Südlibanon sind jetzt vor den israelischen Bomben in Sicherheit

Bünde-Hüffen (-gl-). Freudensprünge am Samstag im Haus von Bassem Kaawar und seiner Lebensgefährtin Kirsten Bremer im Hause Goerderlerstraße 65 a in Hüffen: Die Familienangehörigen des 30-jährigen Deutsch-Libanesen, der Vater, der Bruder, zwei Schwestern und eine Schwester mit ihrem Ehemann und fünf Kindern, die ihre Familienangehörigen in dem kleinen Städtchen Blida im Süden des Libanon direkt an der israelischen Grenze besuchten, sind vor den Bomben der israelischen Armee gerettet. »Wir sind uns in die Arme gefallen und viele Freudentränen flossen«, berichtete gestern Bassem Kaawar, der sich mit seiner Lebensgefährtin in Hüffen ein schönes Eigenheim gebaut hat.

»Die Hoffnung stirbt zuletzt«, sagten der junge Autolackierer und Kerstin Bremer noch am Freitagnachmittag, »aber es sieht ganz schlimm aus. Meine Familienangehörigen sind in Kellern mit 50 Menschen aller Nationalitäten zusammengepfercht. Sie haben nichts zu essen und vor allen Dingen kein Wasser zum Trinken. Und das bei Temperaturen von mehr als 30 Grad Celsius. Ich weiß nicht, wie lange das vor allem die Kinder aushalten können.«
Seine 82-jährige Oma wurde bei einem Bombengriff verletzt und liegt im Krankenhaus. Sein Onkel verlor beide Beine und wird ebenfalls im Krankenhaus versorgt ebenso wie ein eines seiner Kinder, das ebenfalls schwer verletzt wurde. Den ganzen Tag über lief der Fernsehapparat im Haus Goerdelerstraße 65 a, verfolgten Bassam Kaawar und Kerstin Bremer den arabischen Fernsehsender.
»Drei Tage vor Ausbruch des Krieges war ich noch bei meiner Oma, habe dort einige Tage Urlaub gemacht. Jetzt habe ich nur noch per Handy und SMS Kontakt zu ihnen«,, schilderte der junge Mann von Sorgenfalten gezeichnet ebenso wie seine Lebensgefährtin. »Da in Blida auch der Strom ausgefallen ist, wird auch schon bald diese Möglichkeit der Kontaktaufnahme nicht mehr bestehen, weil die Handys nicht mehr aufgeladen werden können. Und wir sitzen hier und können nichts machen, nicht helfen, wir können nur abwarten«, war die pure Verzweiflung des jungen Paares zu spüren, das bald den Bund fürs Leben schließen will. »Wir können nur abwarten und hoffen«, standen ihnen die Tränen in den Augen.
Die freudige Botschaft dann am Samstag in den Nachrichten: Die Familien Kaawar und Ibrahim mit allen Angehörigen sind gerettet, übermittelte das Fernsehen. »Obwohl alle Verbindungen von Blida nach Saida unmöglich waren, konnten sich meine Familienangehörigen noch mit einem Taxifahrer nach Beirut durchschlagen. Von dort werden sie jetzt nach Deutschland ausgeflogen«, konnte gestern Morgen Bassem Kaawar erleichtert mitteilen.
Er und seine Familienangehörigen wollten mit den politischen Querelen zwischen Libanon und Israel nicht zu tun haben. Deshalb kamen sie im September 1985 nach Deutschland. Sein Bruder Kassem Kaawar wohnt in Hiddenhausen, Bassem Kaawar baute sich in Bünde-Hüffen eine Existenz auf. Seine weiteren Familienangehörigen leben in Unna.
»Deutschland ist seit mehr als 20 Jahren unsere Heimat. Wenn alle wieder aus dem Libanon zurückgekehrt sind, werden wir gemeinsam unsere Wiedergeburt feiern«, ist sich Bassem Kaawar sich. »Unserer Ohnmacht und Hilflosigkeit, nichts tun zu können, sind jetzt Freudentränen gewichen. Wir sind überglücklich und hoffen nun, dass es unserer Oma und unserem Onkel sowie seinen Kindern, die weiterhin im Libanon leben, bald wieder besser geht«, betont der 30-jährige Autolackierer, der sich sehnlich wünscht, dass die Waffen so schnell wie möglich im Krisengebiet schweigen und das Leid der Zivilbevölkerung in Grenzen gehalten wird.

Artikel vom 24.07.2006