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Von Stephan Rechlin

Gütersloher
Wochenschauer

Ärzte mit Trillerpfeifen


Am Städtischen Klinikum streiken Ärzte für eine bessere Bezahlung und daheim teilt mir die Krankenkasse mit, dass sie fortan 20 Euro (!) mehr pro Monat einzieht. Zwei Ereignisse in dieser Woche, die zeigen, wie durch und durch verkorkst unser Gesundheitssystem ist.
Keines dieser Probleme ist in Gütersloh lösbar, doch die Auswirkungen sind bis hierhin spürbar. Sollte sich der Marburger Bund mit seinen Gehaltsvorstellungen durchsetzen, drohen den übrigen Angestellten zumindest längere, unbezahlte Arbeitszeiten, wenn nicht sogar betriebsbedingte Kündigungen. Denn das Geld dafür wird trotz Beitragserhöhung der Krankenkassen nicht vorhanden sein, weil die Kassen damit erst einmal eigene Löcher stopfen. Und dass die vorgesetzten Chefärzte neu über ihre Verträge verhandeln lassen, um den Assistenz- und Oberärzten mehr zukommen zu lassen, dürfte ein frommer Kollegenwunsch bleiben.
Im Streik am Städtischen Klinikum geht es um Geld - aber nicht nur. In erster Linie, und deshalb haben die meisten diesen Beruf ergriffen, wollen Ärzte kranken Menschen helfen. Dass sie das unter den gegebenen Bedingungen nicht mehr so können, wie sie wollen und auch müssen, ist skandalös. Mit immer neuen abstrusen Vorschriften werden sie von der Gesundheitspolitik in die Enge getrieben, reglementiert. Dabei lastet auf Ärzten eine weit größere Verantwortung als auf den meisten Angehörigen anderer Berufe. Die in Berlin verkündete »Reform« wird uns das Bild streikender Ärzte noch lange erhalten.

Artikel vom 22.07.2006