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Krawall nach Alkohol: Täter immer jünger

Die Polizei bereit sich gezielt auf die Großveranstaltungen in Bad Oeynhausen vor

Von Claus Brand (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Großveranstaltungen gibt es in Bad Oeynhausen viele: Italienische Nacht, Innenstadtfete, Parklichter, Insel in Flammen, Rehmer Markt und und und. Auf jede bereitet sich die Polizei an der Blücherstraße mit einer Dienstbesprechung vor, auch um die Personalstärke für möglicherweise anstehende größere Einsätze zu planen.

»Die Parklichter sind die ruhigste Großveranstaltung in Bad Oeynhausen«, blickt Hans-Werner Wolkensinger, Leiter der Polizeiwache, auf das erste August-Wochenende voraus. Auch das Pop-Konzert mit Tobias Regner und Mike Leon Grosch zur Eröffnung der Veranstaltung treibt ihm keine Sorgenfalten auf die Stirn. »Da kommt jugendliches Publikum, mit dem wir in der Regel keine Probleme haben.«
Seitdem die Polizei bei der italienischen Nacht 2002 von der Gewaltbereitschaft einer Gruppe Jugendlicher überrascht wurde, sorgt sie gezielt vor. Damals saßen sechs Beamte regelrecht in der Falle. Sie standen anfangs mehr als 50 gewaltbereiten Jugendlichen gegenüber. Diese prügelten sich untereinander, bewarfen aber auch die Beamten mit Gläsern und Mülltonnen und bedrohten sie sogar mit abgeschlagenen Flaschen.
»Das war eine unvorgesehene Ausnahme, aus der wir gelernt haben«, meint Wolkensinger. So hatten die Beamten nach offiziellem Schluss der diesjährigen Innenstadtfete eine Schlägerei vor dem Nordbahnhof schnell im Griff. Polizei-Kommissar Dieter Klinger, 50 Jahre alt und seit 1983 in Bad Oeynhausen im Einsatz: »Das Wort ist unsere stärkste Waffe«, beschreibt er, dass die Polizei zunächst versuche, durch Gespräche die Situation zu entschärfen. Dienstgruppenleiter und Hauptkommissar Christoph Schulz (38) sagt: »Die Beamten werden für diese Situationen in ihrer Ausbildung gezielt geschult.« Immer wieder werde dieses Wissen für den Dienst auf der Straße auch aufgefrischt.
Dass, wie bei der Schlägerei vor dem Nordbahnhof, ein Polizist verletzt werde, sei nie ganz auszuschließen. Polizeihaupt-Kommissar Ulrich Hovemeyer (49): »An so etwas denkt man mitunter schon auf dem Weg zum Dienst.« Währenddessen werde dies aber von den meisten Beamten verdrängt. Das müsse auch so sein. Bei dem betroffenen Polizisten musste eine Risswunde am Oberschenkel genäht werden. Inzwischen versieht er wieder seinen Dienst.
Eine Beobachtung macht dem Bad Oeynhausener Polizeichef jedoch Sorge: »Die Gruppe derer, die dem Alkohol übermäßig zuspricht und dann für Konfliktpotential sorgt, wird immer jünger.« Das gehe mitunter schon im Alter von 15 Jahren los. Er sehe hier eine gesellschaftliche Veränderung.
Nicht verzichten möchte er auf weibliche Beamte bei solchen Einsätzen. Im Gegenteil. »Sie haben oft ein besonderes Gespür für die Situation und tragen zur Schlichtung von Streitfällen maßgeblich bei.« Die männlichen Kollegen stärkten den Frauen auch den Rücken, »wenn Männer sie als Polizistin nicht ernstnehmen wollen.« Oft spielten dabei gesellschaftliche Wertmaßstäbe aus anderen Ländern eine Rolle.
Wenn es bei Großveranstaltungen schnell gehen muss, bahnt sich der Beamte im Einsatz auch schon mal robuster den Weg und kann auf Passanten mitunter nicht die sonst übliche Rücksicht nehmen. Wolkensinger: »Da wird auch schon mal jemand gerempelt, wenn es am anderen Ende der Menschenansammlung darum geht, womöglich eine Körperverletzung zu verhindern.« Er hoffe, dass der oder die Betroffene dafür Verständnis aufbringe.
Einen hohen Alkoholpegel unter einer Mehrheit der Besucher habe es in den vergangenen Jahren immer wieder auch bei der Vatertagsaktion auf der Rehmer Insel gegeben, die in diesem Jahr nicht ausgerichtet wurde. Wolkensinger rechnet aber damit, dass es diese Veranstaltung in den kommenden Jahren wieder geben wird, »mit entsprechender Vorbereitung von unserer Seite.«

Artikel vom 22.07.2006