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Festspiele für Entdecker, nicht für die Kenner

In Bregenz beginnt die 60. Saison - »Troubadour« zum Auftakt auf der imposanten Seebühne


Bregenz (dpa). Zum 60. Mal wird heute in Bregenz die Festspielsaison eröffnet. Von 7000 Tribünenplätzen aus kann das Publikum die Wiederaufnahme aus dem Vorjahr, Verdis »Troubadour« in einem überdimensionalen Bühnenbild, einer Mischung aus Ölraffinerie und mittelalterlicher Burg, erleben. Das »Spiel auf dem See« bildet das Herzstück der heute international bekannten Festspiele. 2005 zog die Oper bereits 173 000 Besucher an, 200 000 Gäste waren es insgesamt.
Mit einem solchen Erfolg war in den Anfängen 1946, als die Zuschauer noch auf Bierbänken am Rand des Sees Platz nehmen mussten, wohl nicht zu rechnen. In der kleinen Stadt gab es damals nicht einmal ein Theater, da blieb als Spielstätte nur der Bodensee. 1955 eröffnete das Kornmarkttheater und 1980 konnte das angrenzende Festspiel- und Kongresshaus eingeweiht werden.
Mit der »Zauberflöte« 1985 begann eine neue Ära. Produktionen werden heute jeweils zwei Jahre gespielt. Es gibt eine ganz eigene Bregenzer Dramaturgie: Werke mit eingängigen Bühnenbildern vor einmaliger Kulisse unter freiem Himmel beeindrucken den Zuschauer, der kein Opernhaus betreten würde. »Wir machen Festspiele für Entdecker, nicht für Kenner«, lautet das Credo des britischen Regisseurs David Pountney, der seit 2004 Festspielintendant in Bregenz ist. 2001 kam die Sparte »Kunst aus der Zeit« (KAZ) hinzu.
Überdimensionale Bühnenbilder wie ein Wolkenkratzer für »West Side Story« haben in den vergangenen Jahren große Aufmerksamkeit erregt. Pountney möchte eine Brücke schlagen zwischen Populärem und radikaler Innovation. Das Genre der Operette hat er neu belebt. »Für mich gibt es keine Grenze zwischen U- und E-Kultur«, betont er. Die Saison beginnt mit einem Höhepunkt der KAZ-Schiene, dem monumentalen Orchesterwerk »Spiegel« des österreichischen Komponisten Friedrich Cerha (80).

Artikel vom 19.07.2006