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Erneute Bewährungsstrafe für einen Spielsüchtigen

2 300 Euro Restauranteinnahmen im Casino verloren


Bad Oeynhausen (ke). »Mit zwei blauen Augen davongekommen«, wie sein Verteidiger es sich gewünscht hatte, ist gestern ein 30-jähriger Kaufmann aus Eidinghausen, der wegen der Folgen seiner Spielsucht vor Gericht stand. Er wurde trotz seiner Vorstrafen und Verletzung der Auflagen erneut zu einer Bewährungsstrafe von diesmal zehn Monaten verurteilt
»Wenn es gut gegangen wäre, wäre es niemals aufgefallen«, beschrieb der junge Mann den Griff in die Kasse seines Arbeitgebers. Im Januar war er noch Schichtführer und Vizegeschäftsführer einer Restaurant-Kette in Oeynhausen. Montags wäre das Geld aus dem Tresor abgeholt worden. Samstags ließ er 1314 Euro aus den Tageseinnahmen mitgehen und verspielte sie im Casino. Der zweite Versuch mit den Sonntagseinnahmen von 1015 Euro endete genauso kläglich. »Anderthalb Jahre hatte ich meine Spielsucht im Griff, aber als ich Geld in den Fingern hatte, kam es wieder über mich«, erklärte er vorm Amtsgericht. Er sei extra von Köln nach Bad Oeynhausen gezogen, um seine Wettleidenschaft hinter sich zu lassen.
Der Staatsanwaltschaft warf ihm Untreue und Diebstahl vor. Er sei das Übel nicht energisch angegangen, etwa durch psychologische Beratung oder eine Selbsthilfegruppe. Erneute Bewährung sei abzulehnen.
Die Therapie will der 30-jährige in Köln nachholen, wo er die telefonische Zusage für einen Praktikumsplatz in einer Werbeagentur habe. Sein Arbeitslosengeld werde gegenwärtig von seiner Freundin verwaltet. Die Hälfte der Schulden bei dem Restaurant habe er zurückgezahlt, doch seien noch vorherige Rückstände zu begleichen. Vorstrafen bezogen sich auf den Diebstahl von Paletten, die er als Lkw-Fahrer verkauft hatte, um spielen zu können. Ein Jahr und sieben Monate wurden ihm bereits zur Bewährung erlassen.
Richterin Britta Kurhofer-Lloyd erkannte das Geständnis an und die erklärte Absicht, seine Spielsucht behandeln zu lassen, und gab ihm die »allerletzte Chance« zur Bewährung. Sie entfällt, sobald das kleinste Delikt bekannt wird. 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit können in Geldbuße umgewandelt werden, wenn es für den Angeklagten mit der angestrebten Arbeit in Köln klappt. Dort wird er auch Kontakt zu einem Bewährungshelfer halten müssen.

Artikel vom 19.07.2006