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Auf zwei Rädern schnell am Tatort

Fahrradstreife der Polizei bei Wind und Wetter unterwegs - Bürgernähe das wichtigste Ziel

Von Mario Berger (Text und Fotos)
Paderborn (WV). »Streife 2151 und 2152, bitte kommen«, krächzt es aus dem Lautsprecher des mobilen Funkgeräts. Die Adressaten sind Polizeimeisterin Tina Betzel (26) und Polizeikommissar Sascha Krull (33), die als Fahrradstreife im Paderborner Stadtgebiet patrouillieren.

Schnell wird der Funkspruch, der die beiden Beamten über eine Schlägerei am Marienplatz informiert, erwidert. Sofort treten sie in die Pedale - allerdings mit Hindernissen: Eine Ampel schnellt auf Rot, für die Beamten, die sich im Einsatz befinden, ein gültiges Signal. »Wir müssen stoppen, im Gegensatz zum Auto haben wir kein Blaulicht und können uns deshalb nicht deutlich erkennbar machen«, erklärt die 26-Jährige. Trotz des Ampelhalts sind die Gesetzeshüter auf den Drahteseln schneller am Einsatzort, als ihre Kollegen im Auto. »Wir haben den großen Vorteil, durch kleine Gassen fahren zu können, Schranken oder Poller sind für uns kein Hindernis«, sagt Krull, dem die Paderborner »Problemzonen« wohl bekannt sind.
Dazu zählt neben dem Busbahnhof und dem Paderquellgebiet auch das erste Einsatzziel, der Marienplatz, auf dem sich gerade zwei betrunkene Männer einen Kampf liefern. Beherzt springen die Ordnungshüter vom Rad und stellen sich zwischen die Streithähne - mit Erfolg. »Das ist nicht immer einfach, besonders wenn wie hier Drogen oder Alkohol im Spiel sind.« Werden Menschen verhaftet oder in Gewahrsam genommen, muss immer ein Einsatzwagen gerufen werden. »Die können wir mit dem Rad nicht transportieren«, sagt Krull, der schon mal einen Einbrecher gestellt hat und ihn mit Handschellen an einen Straßenschildpfosten gefesselt hat.
Neben den »bekannten« Plätzen in der Innenstadt fahren die Radstreifen auch immer wieder Spielplätze, Parkanlagen und Radwege an. Stadtauswärts, auf der Detmolder Straße, kommt ihnen der erste Verkehrssünder des Tages entgegen, eine Studentin, die in der falschen Richtung auf dem Fahrradweg fährt. »Das ist sehr gefährlich«, betont Krull, der die künftige Akademikerin sofort anhält. »Wir sprechen zunächst immer eine mündliche Verwarnung aus bevor wir zehn Euro kassieren.« So auch hier. Erleichtert setzt die einsichtige Studentin ihre Reise fort - natürlich schiebender Weise, bis zum nächsten Fußgängerübergang.
Ein neuer Funkspruch führt die beiden zum Josefskrankenhaus - Mikolay Zalewski (26) klagt über einen Schaden, den ein anderes Fahrzeug an seinem geparkten BMW verursacht hat. Während der Unfallaufnahme kommen immer wieder Passanten auf die Polizisten zu. Ein Mann beklagt sich über die schlechten Parkbedingungen am Krankenhaus, ein anderer kritisiert den Fahrstil jüngerer Verkehrsteilnehmer. »Neben der Prävention und der Präsenz steht bei den Fahrradstreifen der Bürgerkontakt im Vordergrund, das ist mit dem Auto so nicht möglich«, sagt Tina Betzel. Die Bürgernähe zahlt sich aus. Paul Terlinden (62), der sich über blockierte Behindertenparkplätze aufregt, freut sich: »Es ist schon ein Vorteil, die Polizei direkt ansprechen zu können.«
Für Tina Betzel und Sascha Krull endet die Schicht mit einem Einsatz an einem Kinderspielplatz. Ein Anwohner hat dort ein Spritzbesteck aus der Drogenszene gefunden. Auf dem Weg dorthin beobachten die Beamten einen angetrunkenen Mann, der sich nicht mehr auf den Beinen halten kann und stürzt. Nach mehreren Versuchen, den 71-Jährigen wieder aufzurichten, verständigt Krull den Rettungsdienst. Nach der Beseitigung des »Fixerbestecks« kehren die beiden, für die ein reiner Innendienst »unvorstellbar« wäre, zurück in die Polizeiinspektion. Schon bald darf wieder gelost werden, wer als nächster den begehrten Dienst auf dem Drahtesel schieben darf.

Artikel vom 08.08.2006