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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (180. Folge): Wie die Schützen singen...


An diesem Wochenende zwischen Fußball-Weltmeisterschaft, Canossa-Ausstellung-Eröffnung durch Bundespräsident Horst Köhler und dem Liborifest steht Paderborn im Zeichen der Schützen. Der Bürgerschützenverein feiert vier Tage 175-jähriges Bestehen. 4500 Schützen und über 20 Hofstaate werden Sonntag durch die Stadt zum Schützenplatz ziehen. Mit viel Musik. Auch das Liedgut soll besonders gepflegt werden. Nicht nur durch DJ Frank.
Königsträßer-Hauptmann Ludger Konersmann hat zwei neue Kompanielieder angekündigt. Sein Vorvorgänger Heinrich Lengeling steuerte früher bei mit dem Lied von der schönen Müllerin. Und bei Maspern erklingt immer wieder das Ükernlied von Johannes Oebbeke und Josef Degen: »Im Sommer ist`s auf dem Ükern so herrlich und schön. Wenn die Blitze zucken und der Donner kracht, und der Regen, der hat alles naß gemacht. Dann ist` s auf dem Ükern so herrlich, so schön!« (Zweite von vier Strophen).
Beispielhaft Oberst Dr. Andreas Jolmes, der beim ersten Schützen-Ausmarsch nach dem gewonnenen WM-Spiel gegen Argentinien spontan die Nationalhymne anstimmte: »Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland«. Gut 1000 Schützen sangen freudig mit. Machtvoll erklang am Gründungstag im Dankhochamt im Dom das »Großer Gott, wir loben Dich« von Orgel und Festgemeinde, ab der zweiten Strophe steigerten die Buker Husaren die Freude am Mitsingen.
Prof. Dr. Gustav Ermecke war bei seinen Samstagabend-Feldpredigten gern gesehener geistlicher Gast in den Kompaniebereichen. Er hatte deftige Vergleiche parat. Etwa: »Liebe Schützenbrüder. Trinkt nicht soviel, dass ihr nachher den Pastor noch vom Heuwagen unterscheiden könnt!« Er liebte das Singen in fröhlicher Schützenrunde: »Wo man singt, da lasst euch nieder, böse Menschen kennen keine Lieder!«
Der legendäre Schützenoberst Dr. Karl Auffenberg (1962 - 1986) hat mit 91 Jahren noch kurz vor seinem Tode am 22. Juli 1998 für das »Liedgut aus heimatlicher Tradition« geworben. Er erinnerte im »Stadtgespräch« an das Westfalenlied: »Als Wächter an den Hofes Zaun reckt sich empor der Eichenbaum«. Auch Hüfferts Preislied auf Paderborn dürfte nicht in Vergessenheit geraten: »Im Lindenkranz, durchrauscht vom klaren Fluss, bewehrt mit stolzen Türmen. So möge dich Gott behüten und auch Sankt Liborius.« Auffenberg: »Zur inhaltlichen Besserung unseres heutigen Liedgutes sind alle Schützen aufgerufen.«
Im Festbuch zum 100-jährigen Bestehen des Schützenvereins 1931 wurden zwei alte Paderborner Schützenlieder unbekannter Verfasser durch Schützenmajor Ignatz Wichmann vorgestellt. Zum ersten Schützenfest 1831: 1. Hinaus, ihr Schützen, ins Freie hinaus. Jetzt lasst die lästigen Grillen zu Haus. Und wie aus der Flinte der Dampf in die Luft, so werde die Sorg` in den Wind gepufft. 5. Und wer«s mit den lustigen Schützen nicht hält, der wird zu den grämlichen Filzen gezählt. Fort wird der aus unserem Kreise verbannt und alsbald zu den Narren gesandt.
Am 27. Mai 1844 wurde das Fest der Paderborner Schützen mit einem Fragezeichen versehen: Was wird aus unserem Schützenfest, wird«s nicht mehr sein? War«s schon zuletzt? Wird Schützenmarsch nicht mehr erfreu`n? Wird Brüderbund man nicht erneu`n? O nein, o nein, o nein, o nein. Das Schützenfest muss wieder sein!
Zum Abschluss der Schützen-Jubelfeiern wird ein »Festival der Marschmusik« am 27.und 28. Oktober mit 400 Musikern aus neun Formationen im Sportzentrum veranstaltet. Mit der Uraufführung eines Paderborn-Liedes. Der sanges-, musik- und tanzfreudige Jubiläums-Schützenkönig Dr. Rudolf Wansleben wird dann einen Nachfolger haben.Georg Vockel

Artikel vom 12.07.2006