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Die Lippe strotzt vor Kraft

Im neuen Bett tummeln sich die Fische - Bilanz besser als erwartet

Von Rüdiger Kache (Text und Fotos)
Paderborn (WV). Die Lippe lebt! Und wie! Ein Jahr nach der Umlegung des Flusses am Lippesee vorbei hat es sich die Lippe im neuen Bett so gemütlich gemacht, dass Wasser und Tierwelt den neun Millionen Euro teuren Kraftakt mit neuer Vitalität und Artenvielfalt belohnen. Eisvogel und Kormoran, Forellen und Koppen tummeln sich im 2,7 Kilometer langen Biotop.

Das Land Nordrhein-Westfalen verfolgte mit dem Bau der Lippeseeumflut drei Ziele: die Wiederherstellung der Durchgängigkeit für wandernde Organismen, die Reaktivierung des Transportes von Kies und Sand in der Lippe und die Verbesserung der Gewässergüte in der Lippe unterhalb des Sees und im See. »Die Ergebnisse zeigen, dass bereits jetzt alle Ziele erreicht worden sind. Zum Teil wurden die Erwartungen sogar übertroffen«, freuten sich gestern Ulrich Detering (Staatliches Umweltamt Lippstadt) und Dr. Günter Bockwinkel (Bauleitung) über diesen Erfolg. Durch spezielle Fischbestandsuntersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass bereits nach wenigen Wochen alle charakteristischen Fischarten der Lippe die Umflut besiedelt hatten. Für Bachforellen, Äschen, Koppen und Elritzen stellt die Umflut eine regelrechte Kinderstube dar.
Unzählige Jungfische wachsen im Bereich der überströmten Kiesbänke und Kolke heran. Bis zu
70 cm große Barben sind aus der unteren Lippe in die Umflut aufgestiegen und nutzen hier die guten Nahrungsbedingungen. Über 10 000 Kubikmeter Kiese und Sande sind durch die eigendynamische Entwicklung der neuen Lippe bereits umgelagert worden. Der Fluss hat seine Form selbst gestaltet: Die Profile sind flach und vielgestaltig geworden. Unterspülungen und tiefe Kolke sind entstanden.
Das Lippewasser ist unterhalb des Lippesees nicht mehr grüngelblich trübe von den Planktonmassen, die aus dem See ausgeschwemmt werden. Der Fluss ist vielmehr klar, kalt und sauerstoffreich. An vielen Stellen kann man wieder den Grund des Flusses sehen.
Diese Verbesserungen sind über viele Kilometer lange Strecken spürbar und sogar noch im 60 Kilometer Hamm vom Lippeverband nachgewiesen worden. Probleme mit dem an einigen Stellen undichten Damm (hier sickert pro Minute ein Kubikmeter Seewasser in die Lippe) sollen durch Abdichtungen nördlich und westlich des Holthofes beseitigt werden.
Die Kosten dafür bezifferte Deterting mit rund 380 000 Euro, die aber in den Gesamtkosten (»Eine einmalige Investition mit ökologischen Zinsen«) schon enthalten seien.
Durch die Abtrennung der Lippe vom See fließen nun die meisten Nährstoffe im Fluss am See vorbei. Die positive Wirkung: Mit durchschnittlich 2,28 Metern war die Sichttiefe im Juni 2005 mehr als doppelt so groß wie im Jahr zuvor. Zum Erreichen der Qualität eines Badesees muss die Sichttiefe mindestens einen Meter betragen.
Bis Ende September soll am Holthof noch eine Holzbrücke gebaut werden, die auch für den Einsatz von Rettungsfahrzeugen geeignet ist.

Artikel vom 11.07.2006