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Das Wort zum Sonntag

 Von Pfarrer Stefan Engelking


Sechs Wochen ist es her, dass ich von der Synode des Kirchenkreises Vlotho zum Synodalbeauftragten für die Diakonie gewählt wurde. Und als erste Amtshandlung galt es, die Predigt im Abschlussgottesdienst für die Diakoniesammlung im Sommer 2006 zu halten. Insbesondere habe ich mich im Vorfeld mit der Stimmung unter den Sammlern in unserer Gemeinde befasst. Sie ist - zugegeben - eher durchwachsen, weil die Sammler nicht überall mit dem Mindestmaß an Anstand begrüßt werden.
Und als es an den Predigttext ging, da bin ich in der Vorbereitung an einem Vers hängen geblieben. Ein Satz, den Paulus an die Gemeinde in Korinth geschrieben hat. Er steht im ersten Korintherbrief in Kapitel 14, Vers 3: »Wer aber prophetisch redet, der redet den Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung.«
Von einer prophetischen Rede haben die meisten von uns ihre eigenen Vorstellungen. Wir meinen häufig: Wenn jemand prophetisch redet, dann blickt er in die Zukunft. Dann kriegen wir gesagt, was irgendwann in naher oder ferner Zukunft sein wird. Das ist sicherlich nicht ganz falsch. Aber Paulus, als Christ, der seine Wurzeln ganz tief im Judentum hat, versteht prophetische Rede anders. Er denkt vom Alten Testament her.
Und wenn wir da einen Blick auf die Propheten werfen, dann sind diese Propheten vor allem eines: Sie sind Boten Gottes. Gott selbst hat sie beauftragt, in seinem Namen zu reden und zu handeln. Er hat sie auf den Weg geschickt.
Wenn sie reden, dann reden sie im Auftrag Gottes. Auch, aber nicht nur über zukünftige Dinge. Mindestens genauso wichtig ist der Zuspruch, den Menschen in schwierigen Situationen erhalten. Damit ihnen wieder Hoffnung gegeben wird.
Genauso wichtig ist aber auch die klare Analyse von bestimmten Gegebenheiten. Dass manchmal eben auch gesagt wird, was aus der Sicht des Glaubens gut und schlecht, falsch und richtig ist. So sollen die Boten Gottes reden.
Als solche Boten Gottes sind im Endeffekt auch unsere Sammler bei der Diakoniesammlung unterwegs. Und das ist wahrlich nicht immer eine leichte Aufgabe. Und in Zeiten des knapper werdenden Geldes oftmals auch eine undankbare Aufgabe.
Es geht zwar nicht zu wie bei den Propheten im Alten Testament. Denn die sind schon mal übelst beschimpft worden. Oder sie haben sich eine blutige Nase geholt. Oder sie wurden ins Gefängnis geworfen oder verbannt oder ins Exil verschleppt.
Dagegen ist die Diakoniesammlung noch eine vergleichsweise harmlose Übung. Obwohl sich mancher Sammler auch die ein- oder andere Beschimpfung hat anhören müssen. Und dann ballt man schon mal heimlich die Faust in der Tasche. Und das sei Ihnen ehrlich gesagt auch zugestanden. Denn der Mantel des Glaubens und der Nächstenliebe ist manchmal einfach nicht groß genug, um alle menschlichen Schwächen zu verdecken, die einem so begegnen.
Und was kann man sonst noch machen? Jesus selbst gibt, wie ich finde, einen guten Hinweis. Er hat mal seine Jünger als Boten losgeschickt. Und ihnen hat er nach Matthäus, Kapitel 10, folgendes gesagt: »Wenn ihr in ein Haus geht, so grüßt es; und wenn es das Haus wert ist, wird euer Friede auf sie kommen. Ist es aber nicht wert, so wird sich euer Friede wieder zu euch wenden. Und wenn euch jemand nicht aufnehmen und eure Rede nicht hören wird, so geht heraus aus diesem Hause und schüttelt den Staub von euren Füßen.«
Mit anderen Worten: Regt euch nicht auf! Die werden schon selber sehen, was sie davon haben. Lasst es hinter euch und beschäftigt euch nicht zu lange damit. Ihr habt Wichtigeres zu tun. Ihr habt eine Aufgabe, denn ihr seid im Auftrag Gottes unterwegs.
Also schüttelt den Staub von den Füßen. Denn das nächste Haus wartet schon darauf, dass ein Bote Gottes, ein Prophet vorbeikommt. Und dass er wieder die richtigen Worte finden kann. Ohne den Ärger über eine andere Begegnung in der Stimme. Denn wer von Gott geschickt wird, ist ein Prophet. Und: Wer prophetisch redet, der redet den Menschen zur Erbauung und zur Ermahnung und zur Tröstung.
Gott schenke allen Sammlern, die für die Diakonie unterwegs sind, diese Gabe auch beim nächsten Mal, wenn Sie sich wieder auf den Weg durch Ihren Bezirk machen.

Artikel vom 22.07.2006