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Hobby zur Perfektion gebracht

Annemarie Schulz ist seit den 80er Jahren von Seidenmalerei fasziniert

Von Friederike Niemeyer
Steinhagen-Brockhagen (WB). »Dieses Fließen bei Material und Farbe, das hat mich gleich fanziniert«, berichtet Annemarie Schulz. Seidenmalerei ist ihr Hobby, das sie zur Perfektion gebracht hat.

Denn während nach der ersten Seidenmal-Welle in den 80er Jahren die Meisten längst dem nächsten Hobby-Trend folgen, hat die Brockhagenerin ihre Technik immer weiter verfeinert. Besucher des Sternchenmarktes können sich davon jedes Jahr überzeugen.
Schals, Tücher, Bilder, Kissen oder Schmuckbänder -Êin leuchtenden Farben getauchte Seide verleiht ihnen besonders edlen Glanz. Annemarie Schulz verarbeitet die verschiedensten Seidenarten, die nach ihrer Webart -Êpongé, Crêpe de Chine, Chiffon, Dupont oder Satin -Êunterschieden werden. Das scharfe Abgrenzen der Farbflächen mittels der feinen Gutta-Technik ist ihre Sache nicht. Sie malt entweder frei oder nutzt die Wachstechnik, die gröbere Konturen schafft. Afrikanische Webmuster, chinesische Schriftzeichen oder auch die von ihr sehr geschätzten geometrischen Formen bringt sie damit auf Seide.
Dabei ist die Technik echte Erfahrungssache, wie Annemarie Schulz erläutert. Denn zunächst muss das Wachs im Wasserbad aufgelöst werden. »Für die richtige Temperatur braucht man Fingerspitzengefühl«, betont sie. Ist das Wachs zu heiß, beschädigt es die Seide. Ist es zu kalt, härtet es zu schnell aus. Wenn das Wachs auf der Seide getrocknet ist, kann sie mit Farbe nacharbeiten. Am Ende wird das Wachs ausgebügelt, und die darunter liegenden Flächen sind nicht farbig geworden.
Die Farbtöne mischt Annemarie Schulz aus den Grundfarben selbst. »Ich richte mich da auch nach der Mode«, sagt sie, hat im Moment etwa viele Rosa- und Pinktöne in Verwendung. Während die meisten Hobby-Seidenmaler die leicht zu handhabenden bügelfixierbaren Farben wählen, schwört sie auf die dampffixierbaren: »Die sind brillanter.« Dafür nimmt sie auch einiges an Mühe in Kauf. Ehemann Heinrich hat ihr extra einen Dampffixierer für den Hobbykeller gebaut. Bemalte Tücher und Schals werden dazu in Zeitungsrollen gewickelt und für zwei Stunden in das Gerät gehängt. Durch Dampf und Hitze wird die Farbe fixiert. Doch Vorsicht: »Sobald ein Wassertropfen auf die Seide fällt, ist die Arbeit hinüber«, warnt Annemarie Schulz.
Zur Seidenmalerei ist die gelernte Kaufmännische Angestellte über den Heimatverein Brockhagen gekommen. Nach der Gründung 1985 gab es dort nämlich unter den ersten Angeboten auch einen Seidenmalkurs, erinnert sich das Gründungsmitglied. Sie blieb dabei, malte und nähte für ihre Familie und Freunde. »Die sind jetzt alle versorgt, aber für mich ist das reine Entspannung«, sagt sie schmunzelnd. Inzwischen hat sie auch einen kleinen Kreis von Stammkunden, für den sie auch auf Bestellung Stücke fertigt. Frustrierend findet sie allerdings, dass der Hobby- und Kunstgewerbe-Bereich so sehr der Mode unterworfen ist. »Seidenmalerei ist nicht mehr in, und deshalb sind viele Grundmaterialien einfach nicht zu haben.«
Inspiration holt sich Annemarie Schulz sozusagen überall: sei es beim Einkaufsbummel oder auch in den Nationen-Pavillions der EXPO. Und dass sie ihre Eigenkreation - dünn gerissene Seidenstreifen zu vielfarbigen Schmuckbändern zusammengedreht -Êin ähnlicher Form bei einer Berliner Künstlerin zum horrenden Preis entdeckt hat, das macht die bescheidene Frau dann doch ein wenig stolz.

Artikel vom 07.08.2006