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Kommunionkleider aus
Fallschirmseide angefertigt

Diamantene Kommunion in der Herz-Jesu-Kirche gefeiert

Gütersloh-Avenwedde (WB). Es ist der 30. Juni 1946: 77 Kinder ziehen feierlich in die Herz-Jesu-Kirche ein, um ihre Erste Heilige Kommunion zu empfangen. Es sind Kinder aus der Kapellen-, Bahnhof- und Nordhorn-Schule, die Vikar Ernst Bachmann in die Tischgemeinschaft der Gemeinde aufnimmt. 60 Jahre ist das her.

Nun feierten die katholischen Christen ihre Diamantene Kommunion. »Es war ein erhebender Augenblick, auf den uns auch unsere Klassenlehrerin Katharina Rodenbeck in großer Strenge vorbereitet hatte«, erinnern sich die Arrangeure Josef Stickling, Elisabeth Stickling, Alwine Brummel, Hedwig Wittenstein und Walburga Westermann.
»Wir freuen uns, dass so viele unserer Einladung gefolgt sind«, hielt Wallburga Westermann fest. Sie dankte dem Zelebranten Markus Korsus für die Feier der Eucharistie, denn der dafür eingeplante indonesische Priester sitzt in der Erzdiözese Makassar fest, weil ihm kein Ausreisevisum erteilt wird. »Ich bin doch da«, hatte Pfarrer Korsus auf Anfrage geantwortet. Er hieß 45 Jubel-Kommunikanten willkommen und sprach ihnen in der Predigt Mut für ihren weiteren Glaubensweg zu. Der werde vielen vielleicht manchmal schwer, wie schon die Bibel festhält: »Herr, es ist genug, ich kann nicht mehr«. Mit Gott lasse sich jeder Weg bewältigen. Korsus sowie die Lektorinnen Walburga Westermann und Alwine Brummel bezogen die 13 verstorbenen und die erkrankten Kommunikanten in ihr Fürbittgebet mit ein. Auch die Altarassistenz übernahmen zwei der Organisatoren: Josef Stickling und Willi Diehans.
Viel Zeit nahmen sich die Jubilare für eine Begegnung, zu der Elisabeth und Josef Stickling in ihren Garten eingeladen hatten. Allen war die Zeit der Armut 1946 noch sehr präsent. Ein Jahr nach Kriegsende fiel der Erstkommunionstag schlicht und bescheiden aus. Kommunionsanzüge, angefertigt aus Soldatenuniformen, und Kommunionkleider aus Fallschirmseide waren keine Seltenheit, denn in den Geschäften war kaum neue Ware vorhanden. »Es fehlte an allem«, und dennoch stand auf jeder Kaffeetafel eine Buttercremetorte. Dafür waren die Lebensmittelrationen monatelang aufgespart worden. »Wir haben nichts Wichtiges entbehrt«, darin waren sich alle einig. Alwine Brummel erinnerte sich noch genau an die bescheidenen Geschenke, an Heiligenbildchen, Gartenblumen, hier und da ein Kruzifix und umhäkelte Taschentücher.

Artikel vom 06.07.2006