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Superfan war
schon sechsmal
im WM-Stadion

Stefan Goldbeckers Fußball-Glück

Von Markus Poch (Text und Foto)
Ummeln (WB). Den Modus, nach dem die Fifa ihre Tickets für die Fußball-WM vergibt, will Stefan Goldbecker nicht schön reden. Aber der Sanitär- und Heizungsbaumeister aus Ummeln sagt: »Als echter Fan kommst Du immer an Eintrittskarten. Du brauchst nur etwas Glück und Hartnäckigkeit.« Das beste Beispiel für diese These liefert er selbst: Sechsmal schon saß er seit WM-Start im Stadion.

»Einfach genial, was in Deutschland und seinen Fußballarenen zurzeit los ist«, schwärmt der 36-Jährige. »Die ungeheure Begeisterung kann man kaum begreifen - und alle machen mit. Ganz nach dem Motto ÝArm in Arm geht es weiterÜ.« Goldbecker erlebte Ecuadors 2:0 gegen Polen in Gelsenkirchen, bejubelte dort auch Argentiniens 6:0 gegen Serbien-Montenegro. »Stimmungsmäßig war das der absolute Höhepunkt«, erinnert sich der Ummelner. »Wie Maradona sich und seine Leute gefeiert hat - das war nicht mehr zu überbieten.«
Drei Tage später verfolgte er Togos 0:2 gegen die Schweiz in Dortmund, sah dann Portugals 2:1 gegen Mexiko, wieder in Gelsenkirchen: »Das war die fußballerisch beste Partie.« Für das Achtelfinale Spanien gegen Frankreich (1:3) fuhr er nach Hannover, für das Viertelfinale Italien gegen Ukraine (3:0) nach Hamburg. Viele andere Spiele verfolgte er am Bildschirm unter Freunden. Ob der permanenten Abstinenz ihres Mannes ist Ehefrau Ina (34) inzwischen deutlich angesäuert, doch ihr Stefan strahlt übers ganze Gesicht: »Ich lebe eben Fußball, da hilft nichts...«
Was den früheren Stürmer des VfL Ummeln besonders freut, ist die Tatsache, dass er nur drei seiner sechs WM-Tickets über Fifa-Optionen kaufen musste. Die Karten für das Ecuador-Spiel hatte er beim Gewinnspiel eines Kommunikationskonzerns gewonnen, die Karten für das Togo-Spiel bei der Verlosung eines Baumarktes, die Argentinien-Karte war das Geschenk seines Squash-Clubs. Bei seinen Squashern Stefan Wierum, Carsten Heibrock und Thomas Bornemann, allesamt Ummelner Feuerwehrleute, revanchierte sich Goldbecker seinerseits mit Karten, »so dass jeder von uns mindestens zwei WM-Spiele live sehen konnte«. Die argentinischen Ballkünstler erlebten sie alle gemeinsam.
Bleibt ein Wermutstropfen: »Ich habe zwölf verschiedene Mannschaften gesehen, aber nicht die Deutschen«, sagt Goldbecker. »Es ist schade, dass der DFB Leuten wie uns, die seit Jahren regelmäßig deutsche Länderspiele besuchen, nicht ein einziges WM-Spiel mit deutscher Beteiligung ermöglichen kann.« Mehr als 70-mal hat der Handwerksmeister das deutsche Team schon live erlebt, in den 80er Jahren oft noch zusammen mit seinem ebenfalls fußballbesessenen Vater Erhard. An dessen Stelle nimmt er jetzt Sohn Mario (5) mit ins Stadion. Stefan Goldbecker ist zwar Mitglied des FC Bayern München, lässt aber trotzdem kein Heimspiel der Bielefelder Arminen aus. Und Söhnchen Mario ist schon prächtig »infiziert«.
Am Endspielsonntag, 9. Juli, wird der jedoch zu Hause bei Oma Elfriede bleiben müssen. Wenn alles nach Plan läuft, wagen sich Goldbecker und seine Squasher, möglicherweise samt Ehefrauen, in den Berliner Fantrubel. Karten fürs Finale haben sie nicht, aber »diesen einmaligen Wahnsinn« auf den Straßen und vor den Großleinwänden wollen sie nicht versäumen. Vielleicht gewinnen sie sogar noch Karten für das »Publik Viewing« eines Kreditkarten-Unternehmens am Reichstag. Goldbecker bleibt optimistisch: »Vor Klinsmanns Leistung ziehe ich den Hut. Deutschland spielt gegen Portugal und wird Weltmeister.«

Artikel vom 04.07.2006