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Vier Jahrzehnte pure Segelleidenschaft

Segellehrer Dieter Kalmus und das nasse Element - das Hobby zum Beruf gemacht

Von Gitta Wittschier
Bünde (BZ). In seinem bisherigen Leben hat er die Segel stets richtig gesetzt - zumindest was sein exklusives und oft mit Abenteuern angereichertes Hobby angeht. »Ganz schön windig ist es außerdem«. Dieter Kalmus (70) lacht, streicht über seinen graumelierten, »seebärig« wirkenden Bart. Der engagierte, fast mit allen »Seewassern« gewaschene Bünder kann sehr stolz sein: Als erster Segellehrer überhaupt in Ostwestfalen nahm er 1966 seine Tätigkeit in einer Freizeit-Segelschule auf.

Auf Binnenseen und dem Meer ist Dieter Kalmus unzählige Male in das besondere Vergnügen des Segelns eingetaucht. 40 Jahre lang die Kapriolen von Wind und Wasser hautnah mitzuerleben ist ein Erlebnis, das für ihn schöner gar nicht sein kann. Nachdem er zehn Jahre lang in einer Freizeit-Segelschule in Lembruch am Dümmer See arbeitete, wagte Kalmus 1976 den Schritt in die Selbständigkeit, eröffnete ein paar Kilometer weiter (in Hüde) eine eigene Schule.
»Seitdem habe ich meine Schüler gezählt - und glauben Sie mir, die haben sich beileibe nicht tröpfchenweise vermehrt«. Der Segellehrer blättert in Dokumenten, seine Finger zeigen auf eine Zahl, die wohl nicht nur den Betrachter in Erstaunen versetzt: 5000 Personen sind es, die sich in der Kunst des Segelns unterweisen ließen, ihrem Lehrer stets unangefochtenes Vertrauen aussprachen.
Wie sieht es nun mit dem Erwerb des Segel-Führerscheins aus? »Der theoretische Unterricht in Ostwestfalen wird ins Winterhalbjahr gelegt«, erläutert Kalmus. Wenn die Boote dann im Frühjahr am Dümmer See zu Wasser gelassen werden, kann der »Binnen-Segelschein« erworben werden. »Sportboot-See« lautet die Bezeichnung für den amtlichen Führerschein, der wichtig und notwendig ist für das Führen eines Bootes auf dem Meer.
Für ein Segelboot, dessen Motor keine fünf PS hat, benötigt man den erwähnten Führerschein nicht. Segelscheine haben besondere Bezeichnungen: Der BR-Schein ist für küstennahe Gewässer gedacht. Wer den BK-Schein besitzt, kann sein Boot auf der gesamten Ostsee, dem Mittelmeer und Teilen der Nordsee steuern. Dabei sei immer wieder hervorzuheben, so Kalmus, »dass der Sportboot-Führerschein See stets amtlich ist, die Prüfung für einen Segelschein freiwillig absolviert werden kann.«.
Mit seiner Ehefrau Krista befinde er sich auf gleicher Wellenlänge, schmunzelt Dieter Kalmus. Auch seine Töchter Liane, Anja und Korinna würden in dem Fahrwasser schwimmen. Mit Tochter Korinna hat er kürzlich an einem Wettbewerb klassischer Yachten teilgenommen. Diese Segelyachten müssen zumindest 30 Jahre alt sein. Insgesamt zehn Nationen waren dabei, als der Startschuss für die Regatta fiel. Das Resultat mehrerer Wettfahrten war, »dass Korinna und ich den zweiten Platz erreichten«. Kalmus blickt seine Tochter, die das Zimmer betritt, stolz an.
»Arielle« ist der Name der Segelyacht, die Dieter Kalmus seit sieben Jahren sein Eigen nennt und die - als selbst gebautes - Miniexemplar - einen Ehrenplatz in seinem Büro einnimmt. »Sie ist um einiges kleiner als die Yacht, die ich vorher besaß«. Elfeinhalb Meter lang war das Schiff, das 20 Jahre lang zum Zwecke der Ausbildung diente. Acht Binnenschiffe gibt es in der Segelschule von Kalmus am Dümmer See, eins wird auf dem Meer eingesetzt.
70 Jahre auf dem Schiff des Lebens zurückzulegen sei schon eine lange und ereignisreiche Zeit. So langsam wolle er Kurs auf Entspannung nehmen, meint Dieter Kalmus, dem es nach eigener Aussage niemals schwer fiel, den Beruf des Technischen Betriebswirtes mit seinem umfangreichen Hobby zu koppeln. Eine Dozentenstelle in Sachen Segeln sei für ihn noch an der Volkshochschule Lübbecke ausgeschrieben. Und die Bünder Hochsee-Segler, deren Zusammenschluss er einst gründete, würden ihm nach wie vor am Herzen liegen.
»Coconut-Rum-Race« ist der Titel des Segeltörns, der die Bünder Hochsee-Segler mittlerweile zum 16. Mal in die Karibik führt. Die Landschaft dort sei einzigartig, ein Traum von Farben und (fast) ewiger Sonne. »Falls der Regen kommt, ist er warm, zum Duschen geeignet«. Was fängt man hier mit Verdruss und Alltagssorgen an? Nun, man wirft sie getrost über Bord.

Artikel vom 19.07.2006