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Ärzte »schlucken« nicht mehr alles

Gestern »Aktive Mittagspause« am Klinikum - Donnerstag Warnstreik


Herford (kop). »Mehr Zeit für Patienten«, »Weniger Bürokratie«, »Kein Stellenabbau«, »Weniger Überstunden«, »Eigenes Tarifsystem für Ärzte« - so war es gestern auf großen Plakaten der Ärzte am Klinikum Herford zu lesen. Mit einer so genannten »Aktiven Mittagspause« starteten rund 60 im Marburger Bund vertretene Mediziner eine erste Protestaktion. Sie fordern im Wesentlichen weniger Überstunden und mehr Geld. Ein Assistenzarzt am Klinikum verdiene rund 2300 Euro netto inklusive Zusatzdiensten, die Obergrenze für Fach- und Oberärzte liege laut derzeitigen Tarifvertrag bei 5100 Euro. »Zu wenig im internationalen Vergleich«, sagt Dr. Ulrich Schröder, Sprecher des Marburger Bundes am Klinikum. Es könne nicht sein, dass Mediziner für 280 000 Euro ausgebildet und diese dann nach England abwandern würden.
Mit der gestrigen Aktion sollte signalisiert werden, »dass wir nicht länger bereit sind, alles zu schlucken. Wir wollen zeigen, dass wir bereit sind, zu streiken«, sagte Dr. Schröder. Gleichzeitig kündigte er an, dass am Klinikum am kommenden Donnerstag, 6. Juli, ein Warnstreik ansteht. Der Routinebetrieb soll dann für einen ganzen Tag ruhen. »Bereiche wie Intensivstation, Geburtshilfe oder Onkologie sind von den Streikaktionen allerdings ausgenommen«, versicherte Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Günther Winde. Auch Notfälle würden selbstverständlich versorgt. Gleiches galt gestern für die Zeit der Aktiven Mittagspause. Der Patient dürfe nicht unter den Aktionen leiden, da sind sich die Mediziner am Klinikum einig. Die notärztliche und die Versorgung dringender Fälle war und ist zu jeder Zeit gewährleistet.
Die »Aktive Mittagspause« wurde im Übrigen von der Geschäftsführung gebilligt. Diese und die Mediziner sind sich einig, dass verhandelt werden muss.
»Nach den langen Streiks an den Uni-Kliniken sollten wir schleunigst an den Verhandlungstisch kommen«, sagte Vorstand Martin Eversmeyer. Er rechnet damit, dass es zu Tarifabschlüssen ähnlich wie in Stuttgart (plus fünf Prozent) kommen könnte. Eversmeyer fordert aber auch, dass die Krankenhäuser dann »Druck« in Sachen Refinanzierung machen müssen.

Artikel vom 01.07.2006