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Den Menschen in Krisensituationen beistehen

WESTFALEN-BLATT-Serie, Folge 14: Rotkreuzgemeinschaft bei der Fußball-WM im Einsatz

Von Malte Samtenschnieder
Brackwede (WB). Im Bielefelder Süden gibt es mehr engagierte junge Menschen, als mancher vielleicht glaubt. 14 Mal stellte das WESTFALEN-BLATT seit April in einer Serie Gruppen und Einzelpersonen vor, die in verschiedenen Bereichen »ganz schön auf Zack« sind. Und das Serienmotto trifft in der vorerst letzten Folge auch auf die Rotkreuzgemeinschaft Brackwede-Senneraum zu.

Die Helfer waren mittendrin beim größten Sportereignis der Welt, haben sich an DRK-Hilfseinsätzen bei mehreren Fußball-WM-Spielen in Köln beteiligt. »Ich bin stolz, dass ich am größten Einsatz in der Geschichte des Deutschen Roten Kreuzes teilnehmen konnte«, sagt Bianca Zinke. Als Teil eines 170 Personen starken Helferteams aus Ostwestfalen-Lippe war die 21-Jährige mit ihren DRK-Kameraden Christian Wischmeyer, Patrick Vogt, Rolf Kaiser und Karl-Heinz Kollien an einem von unterschiedlichen Hilfsorganisationen gemeinschaftlich betriebenen Behandlungsplatz nahe der Kölner Messehallen in Rufbereitschaft.
»Glücklicherweise ist nichts passiert«, sagt ihr Kollege Karl-Heinz Kollien. Denn nur für gravierende Krisensituationen - etwa eine Massenschlägerei unter Hooligans oder Zwischenfälle mit terroristischem Hintergrund - standen die Helfer etwas abseits vom eigentlichen Fußballgeschehen bereit. Für die Erstversorgung von Fans, die am Rande eines der WM-Spiele Kreislaufprobleme oder kleinere Blessuren davon trugen, waren weitere Behandlungsplätze in unmittelbarer Nähe des Stadions eingerichtet.
Auch wenn die Rotkreuzhelfer darauf hofften, »arbeitslos« zu bleiben, nahmen sie ihren Einsatz sehr ernst. Jeweils vier Stunden vor und nach den WM-Partien hatten sie vor Ort zu sein. »Für die 21-Uhr-Spiele mussten wir bereits mittags in Bielefeld losfahren. In der Fahrzeugkolonne mit den anderen Helfern aus Ostwestfalen-Lippe kamen wir nämlich nicht so schnell voran«, so Karl-Heinz Kollien. Aufgrund des großen Zeitaufwands mussten die Freiwilligen den ehrenamtlichen Einsatz auch rechtzeitig ihren Arbeitgebern mitteilen. »Alle Chefs waren aber sehr verständnisvoll.«
Obwohl die Rotkreuzhelfer aus dem Bielefelder Süden ihre Einsatzzeit zumeist abwartend vor einer in der Nähe ihres Behandlungsplatzes an den Kölner Messehallen installierten Großbildleinwand verbrachten, auf der sie das Fußballspiel im benachbarten Stadion verfolgten, wären sie selbst für den Fall der Fälle bestens gerüstet gewesen. Bianca Zinke und Christian Wischmeyer absolvieren derzeit beim Rettungsdienst Lippe die dreijährige Berufsausbildung zu Rettungsassistenten. Ihr Wunsch, Menschen in Krisensituationen beizustehen, wurde bei einem Erste-Hilfe-Lehrgang geweckt. »Die Arbeit mit Karl-Heinz Kollien hat uns so gut gefallen, dass wir vor einem Jahr der von ihm geleiteten Rotkreuzgemeinschaft Brackwede-Senneraum beigetreten sind«, erzählt der 28-jährige Christian Wischmeyer und spricht damit auch im Namen von Bianca Zinke.
Patrick Vogt stieß ebenfalls nach einem Erste-Hilfe-Kurs bei Karl-Heinz Kollien zur Gruppe. Während seines Zivildienstes unternimmt der 22-Jährige derzeit medizinische Fahrten für die Abteilung »Soziale Dienste« des DRK Bielefeld. Doch der »bloße« Transport behinderter Menschen füllt ihn nicht aus. Deshalb ließ er sich zeitgleich zum Rettungssanitäter ausbilden.
Nach der Teilnahme am WM-Großeinsatz erwartet die Rotkreuzhelfer aus dem Bielefelder Süden schon bald die nächste - zugegebenermaßen - deutlich kleinere Herausforderung. Patrick Vogt: »Beim Ostwestfalen-Damm-Lauf im September sind wir wieder - wie beim Hermannslauf - für die Versorgung der Teilnehmer mit Heißgetränken zuständig.«

Artikel vom 30.06.2006