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»Wenn man zittert, ist alles vorbei«

Willi Piroutek (83) gestaltet die Königsurkunde für die Schützengilde und das Goldene Buch

Von Ingo Schmitz
Höxter (WB). Für seine kunstvolle Arbeit benötigt Willi Piroutek nur Farbe, Pinsel und Federn -Êund eine ruhige Hand. Bewundernswert: Diese Gabe ist dem Maler und Grafiker aus Höxter trotz seines Alters von 83 Jahren noch immer gegeben.

Das Goldene Buch der Stadt Höxter enthält zahlreiche Einträge prominenter Menschen. Der ehemalige Bundespräsident Dr. Roman Herzog hat hier bei seinem Besuch in Höxter ebenso unterschrieben wie Ex-Außenminister Dr. Klaus Kinkel oder auch Liedermacher Wolf Biermann, der vor wenigen Wochen in Corvey zu Gast war. Doch bevor das Goldene Buch dem jeweiligen Unterzeichner bei einem Festakt vorgelegt wird, ist Willi Pirouteks Handfertigkeit gefragt.
Vor dem Prominentenbesuch gestaltet er die Seite des Buches mit einer kunstvollen Beschriftung, um dem Unterzeichner einen würdevollen Rahmen für seine Unterschrift zu geben. »Hier funktioniert alles frei per Hand. Einen Computer benutze ich nicht«, sagt der 83-Jährige nicht ohne Stolz.
Auch für die Könige der Schützengilde bereitet der Senior das Goldene Buch vor. Als nächstes wird sich der scheidende König Manfred Jouliet mit seiner Königin Anne Wefer am Montag, 3. Juli, verewigen. Dafür trifft Willi Piroutek in diesen Tagen die letzten Vorbereitungen.
Doch nicht nur die Verzierungen des Goldenen Buches der Stadt Höxter stammen aus der Feder des 83-Jährigen. Der Maler und Grafiker begleitet zudem auf künstlerische Weise im Verborgenen die Schützengilde Höxter seit etlichen Jahren. 1961 bekam er erstmals den Auftrag, für den damaligen Schützenkönig Herbert Knop die Königsurkunde zu entwerfen. Bis heute ist Willi Piroutek für diese Aufgabe zuständig. Auch die neue Urkunde für Gildeschützenkönig Helmut Motz, die der Regent am kommenden Montag aus den Händen von Bürgermeister Hermann Hecker empfangen wird, hat Willi Piroutek gestaltet.
»Die Königsurkunde ist auf Pergamentpapier handgeschrieben und mit dem Stadtsiegel versehen. Einige Stunden Arbeit stecken darin«, berichtet der Künstler. Am 7. Juli 1963 erhielt Gilde-König Herbert Knop das erste Exemplar aus den Händen des damaligen Bürgermeisters Lücke. Der Text, der sich auf eine Urkunde aus dem Jahre 1695 bezieht, ist auch heute noch immer der gleiche.
Die kunstvoll mit Gold und anderen Farben verzierte Urkunde entsteht in konzentrierter Handarbeit auf Elefantenhaut im Großformat Din A2. »Das Papier ist schwer zu bekommen«, weiß der Grafiker, der in seinem ruhig gelegenen Arbeitszimmer großen Wert auf gutes Licht legt. Rundherum um seinen Arbeitstisch sind Fenster, die für viel Tageslicht sorgen. Eine große Lupe hilft dem 83-Jährigen bei besonders kleinen Details.
Seine Arbeiten gefallen vor allem durch die schöne, geschwungene Schrift und die dezenten farblichen Abstimmungen mit vielen kleinen Verzierungen, die das Gesamtbild prägen. »Das Schlimmste ist: Man darf sich im Goldenen Buch nicht verschreiben!«, sagt der Künstler. Einmal sei ihm das passiert. »Zum Glück konnte ich das aber noch ausbessern«, sagt der bescheidene Mann mit einem Schmunzeln.
Eine Pause braucht der 83-Jährige bei seiner konzentrierten Arbeit übrigens nicht -Êhöchstens, wenn die Farbe trocknen muss. Dass er auch heute noch eine ruhige Hand hat, ist sein größtes Kapital, weiß Willi Piroutek: »Denn wenn man zittert, dann ist es aus und vorbei.«

Artikel vom 29.06.2006