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Zeuge sieht
keinen Hasen

Militärgerichtsprozess

Von Stephan Rechlin
Gütersloh (WB). »Ich dachte erst, die erlauben sich einen Scherz. Doch dann wurde es plötzlich ernst,« sagt Jörg Belzer vor dem Gütersloher Militärgericht aus. Er ist der einzige Gütersloher Zeuge des tödlichen Autounfalls britischer Soldaten im August vergangenen Jahres.

Als der Militärjeep plötzlich auf seine Fahrbahnseite rüberzog, habe er sofort gebremst: »Ich fürchtete einen Zusammenstoß.« Statt dessen zog der Jeep zurück und prallte im Graben der Brockhagener Straße gegen zwei Bäume. Belzer arbeitet in Halle, er fährt täglich über die Brockhagener Straße. Grundsätzlich gelte dort Tempo 70. Nur auf dem geraden Stück in Höhe der Straße »An den Sandgruben« seien 100 Kilometer pro Stunde erlaubt: »Warum, weiß ich auch nicht.« Wer die Strecke kenne, beschleunige hier aber nicht. »Das gerade Stück mündet an einem Ende in einer gefährlichen Kurve, am anderen in einen unübersichtlichen Kreuzungsverkehr.« Den Hasen, dem der angeklagte Jeepfahrer Robert B. (21) ausgewichen sein will, hat Belzer nicht gesehen, teilte er dem britischen Gericht in fließendem Englisch mit: »Das heißt jedoch nicht, dass es dort keinen Hasen gegeben haben könnte. Ich habe einfach stärker auf den Jeep geachtet.« Beim gestrigen Verhandlungstag stritten Unfallexperten der Ankläger und der Verteidigung darum, wie schnell der Jeep auf der Brockhagener Straße fuhr. Die Schadensanalyse am Autowrack und mögliche Fundstücke des Jeeps auf der Straße ließen die Experten auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 81 Stundenkilometern schätzen. Der Angeklagte schätzte seine Geschwindigkeit zwischen 70 und 90 Stundenkilometer. Der Jeep darf nicht schneller als 80 fahren.

Artikel vom 28.06.2006