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Vlothoer schauen in die Röhre

Bernd Rührup hält das Angebot für ausreichend.Foto: Oliver Schwabe

Kein »Public Viewing« in der Weser-Stadt - das Kosten-Risiko ist zu hoch

Von Alexander Grohmann
Vlotho (VZ). Die Vlothoer schauen sprichwörtlich in die (Bild-)Röhre. Wer die Fußball-Weltmeisterschaft hierzulande verfolgt, tut das weiterhin vor dem Fernseher. Zwangsläufig. Denn: »Public Viewing«, also die öffentliche Übertragung von WM-Spielen auf einer Großbildleinwand, gibt es in Vlotho nicht. Das Risiko ist zu hoch.

Dabei ist »Public Viewing« der Renner in diesen Tagen. Nirgendwo wird die WM-Party größer und bunter gefeiert als in Berlin. 700 000 Zuschauer verfolgten das dritte Gruppenspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ecuador am Dienstag zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule vor Riesen-Leinwänden und feierten ein ausgelassenes Fußballfest. Auch in zahlreichen anderen deutschen Städten gibt es ähnliche Aktionen. In Vlotho geht derweil auch im WM-Ausnahmezustand alles weiter wie gehabt.
Warum eigentlich? Bernd Rührup, Geschäftsführer der »Vlotho Marketing«, nennt Gründe, die gegen die Übertragung von Spielen auf einem öffentlichen Platz in Vlotho sprechen. Der größte Hemmschuh für einen möglichen Veranstalter ist der Kostenfaktor. Die Miete für eine LED-Wand, die beim »Public Viewing« benötigt wird, würde laut Rührup für die WM-Zeit 50 000 Euro kosten. Eine enorme Summe, die in den vier Wochen erst mal wieder eingespielt werden müsste. Die Lizenz für das »Public Viewing« wäre dagegen kein Problem.
Mit Städten wie Minden oder Herford, die allesamt solche WM-Events anbieten, könne man sich nicht vergleichen. »In Minden leben 80 000 Menschen, in Vlotho nur 20 000«, verweist Rührup auf den Unterschied. Das Zuschauer-Potential ist längst nicht so hoch, eine Übertragung wäre kein Selbstläufer. Auch das Wetter ist ein wichtiger Faktor. »Bislang war es bei den deutschen Spielen immer schön. Aber was ist bei Regen?«, kann die WM-Party dann ganz schnell ins Wasser fallen. Die Horrorvision eines Veranstalters.
Rührup ist sowieso der Meinung, dass Vlotho auf das »Public Viewing« verzichten kann. »Wir haben das Thema vor der WM geprüft und haben keinen direkten Bedarf nach einer Open-Air-Übertragung festgestellt. Wir wollten keinen Aktionismus nur der Aktion willen. Unter diesem Zugzwang haben wir uns nicht gesehen«, spricht er auch für die Werbe- und Interessengemeinschaft.
Zumal die WM ja auch an den Vlothoern nicht spurlos vorbei geht. Neben dem traditionellen »Heim-Kino« mit Cola und Chips auf dem Wohnzimmer-Sofa gibt es während des Turniers wenigstens ein paar andere Möglichkeiten. In Gaststätten flimmert die WM über die Fernseher, einige Vereine haben sich ebenfalls mit Aktionen beteiligt. So konnte man im Rahmen der Sportwerbewoche des TuS Bonneberg die Spiele im Festzelt verfolgen. Beim Vlothoer Stadtfest gab es diese Möglichkeit ebenfalls. »Das ist ein vielschichtiges Angebot«, findet Bernd Rührup.
Eine Übertragung auf dem Sommerfelder Platz, der für das »Public Viewing« sicher geeignet wäre, oder im Burghof gibt es aber nicht. Die WM-Party findet in Vlotho im kleinen Kreis statt.
»Es ist niemand unterversorgt, der Bedarf ist abgedeckt«, hält Rührup dem entgegen. Wem das Angebot nicht ausreicht, der kann es ja machen wie so viele in diesen Tagen. In den Zug steigen und nach Berlin fahren.

Artikel vom 22.06.2006