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Zur Fußball-WM auf Spurensuche in Peckeloh

Alfred Schienke ist vor 55 Jahren ausgewandert - Rückkehr an die Orte seiner Kindheit

Von Stefanie Hennigs
Versmold (WB). 55 Jahre ist es her, dass Alfred Schienke als Elfjähriger seine Heimat verlassen hat. Zur Fußball-Weltmeisterschaft ist er aus den USA zurückgekehrt,Êum seiner Frau Janice den Ort zu zeigen, an dem er aufgewachsen ist -ÊPeckeloh.

Eigentlich wollten die beiden Amerikaner nur einige Stunden in Versmold verbringen. Denn sein Quartier hat das Ehepaar momentan in Dortmund aufgeschlagen. Doch dann wurden aus den paar Stunden gleich zwei Tage - denn Alfred Schienke begab sich auf Spurensuche. »Es hat sich sehr viel verändert«, sagt er, während er und seine Frau im Eiscafé Venezia das Spiel der deutschen Mannschaft verfolgen. »Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie hier mal ein Drahtseil-Artist über sein Seil gelaufen ist«, blickt er zur Petri-Kirche hinüber. Auch an das Kino könne er sich noch gut erinnern.
Das Gotteshaus ist übrigens das einzige, was Alfred Schienke in der Innenstadt auf Anhieb wiedererkannt hat. Denn als die Familie Schienke 1951 von Peckeloh nach Wisconsin auswanderte, stand mitten auf dem heutigen Marktplatz noch die Fleischwarenfabrik Stockmeyer, wo Alfreds Schienkes Mutter Adoline gearbeitet hat.
Auch in Peckeloh selbst habe sich viel verändert, sagt Alfred Schienke nach seiner Spurensuche an dem Ort seiner Kindheit. »Doch ich kann mich noch an vieles erinnern.« Direkt nach dem Krieg war Alfred Schienke als Flüchtlingskind aus Pommern mit seiner Familie nach Peckeloh zur Familie Wittke-Potthoff gekommen -ÊVater Rudolf, Mutter Adoline, Alfreds ältere Brüder Georg und Otto. Alfred besuchte die Schule in Peckeloh, einer seiner Brüder machte in Versmold eine Ausbildung zum Schlosser. Die Stellen, wo er als Kind gespielt hat, konnte er jetzt wieder entdecken. »Ich habe auch die alte Mühle Krumkühler gefunden.« Dort hätten sie als Kinder früher häufig im Teich gebadet, Fische gefangen. 1951 wanderte die Familie in die USA aus.
1972, als er mit einer Fußballmannschaft nach Deutschland gekommen ist, war er das erste Mal zu Besuch in seiner alten Heimat. »Damals hatte sich noch nicht so viel verändert -Êaber wenn man sich hier heute so umschaut, ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht.«
Die Fußballleidenschaft und der Wunsch, seiner Frau die Orte seiner Kindheit zu zeigen, haben ihn jetzt wieder nach Deutschland gebracht. Sohn und Enkel, die am Anfang der Reise noch mit dabei waren, hätten leider schon wieder zurückkehren müssen. Zwei Fußballspiele haben sie schon live erlebt. »Wir hoffen, dass es noch mehr werden«, sagt Alfred Schienke, der in den USA sein Einkommen mit der Fässerherstellung für Gerbereien hat. Wie viele Spiele die Schienkes noch sehen können, steht und fällt jedoch damit, wie weit die US-amerikanische Mannschaft noch kommt. »Darum drücken wir natürlich den US-Boys die Daumen.« Das Interesse an Fußball werde in den USA immer größer, freut sich Alfred Schienke: »Darum wird die Mannschaft auch immer besser.« In 20 Jahren, prognostiziert der Fußballfan, könne es vielleicht mit einem WM-Titel für die USA klappen.
Sollte es in diesem Jahr nicht für eine Qualifikation für den weiteren Wettbewerb reichen, werden die Schienkes natürlich den »Klinsmännern« die Daumen drücken. »Wir müssen uns hoffentlich nicht zwischen beiden entscheiden«, sagt Janice Schienke und lacht.

Artikel vom 22.06.2006