22.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Brauchen das potemkinsche Dorf MARTa nicht

Kritik am Ausstellungskonzept - »Bürgerliche Eitelkeiten kultivieren sich zum Höhenrausch«


Zum Thema MARTa schreibt eine Leserin:

»MARTa, MARTa, du entschwandest - und mit dir all unser Geld.« Dieser Gedanke wurde bei uns vor Jahren am Frühstückstisch geäußert, als der Name MARTa sich konstituierte.
Heute, am 20. Juni, am Frühstückstisch (die interessantesten Artikel lesen wir laut vor zur Erbauung des anderen und zur Diskussion) werden unsere schlimmsten Befürchtungen von einst weit, weit übertroffen.
Der Vorschlag der SPD-Chefin, die Problemlösung einfach noch ein wenig aufzuschieben, liegt im Trend.
Alles ist noch zu »toppen«. Consulting-Firmen nennen sich diese »externen Experten«, die »qualifizierte Unternehmensanalysen« erstellen - die freuen sich sicher schon auf den überaus einträglichen Auftrag. Ein wenig gesunder Menschenverstand nutzt aber auch. Die MARTa-Entwicklungsgeschichte ist so typisch, wo bürgerliche Eitelkeiten sich kultivieren zum Höhenrausch. Alle Problematiken, die Menschen sich konstruieren, sind ja keine Naturgesetze. Sie können zurück gebaut werden, Schritt für Schritt.
Zunächst muss doch wohl die abgehobene Haltung korrigiert werden, mit der MARTa von Anfang an präsentiert wurde. Die »ihr« Niveau halten wollen, mögen es auch finanzieren! »Normalverbraucher« brauchen potemkinsche Dörfer dieser Art sicher nicht. Ich weiß nicht, ob Künstler sie brauchen; von etwa 800 Euro monatlich muss ein Künstler heute leben, ist dieser Tage zu vernehmen. So viel sind Kreativkräfte wert. Sie spucken Produkte aus (dieses Gleichnis ist Absicht), deren Vermarktung Millionen öffentlicher Gelder verschlingen. Diejenigen, die mit Hilfe dieser Produkte glänzen wollen, sollen sie doch bitte auch finanzieren.
Die teuerste Tupper-Party der Welt hätte der Hersteller aus Werbegründen sich selbst finanziert, wenn sie in einem großen Einrichtungshaus stattgefunden hätte, kommen dahin doch mehr Besucher aller Couleur und nicht nur die Abgehobenen vom Dienst.
So nobel man sich gibt, so nobel bezahlt man auch - für alles und jedes. Nennen wir es einfach Gerechtigkeit.

RENATE MÜLLER
32602 Vlotho-Exter

Artikel vom 22.06.2006