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Kammerspiele:
Veto durch die
Intendantin

Neuer Vertrag stark umstritten

Von Manfred Schraven
Paderborn (WV). Dem Neubau der Kammerspiele Paderborn bläst weiter kräftiger Wind entgegen. Wenn Bürgermeister Heinz Paus heute dem Rat den neuen Vertragsentwurf zwischen der Stadt und der Volksbank vorlegt, sollte er sich auf Sturm einstellen. Die Prognose: »Tief Merula über dem Kötterhagen«.

»Wenn immer behauptet wird, das Projekt Neubau Kammerspiele sei mit der Theaterleitung abgestimmt - in diesem Falle stimmt es nicht«, geht die Intendantin der Kammerspiele Paderborn, Dr. Merula Steinhardt-Unseld, auf Distanz zum neuen Vertragsentwurf. Gegenüber dem WV bestätigte sie gestern den Dissens. Sie habe nicht nur in der jüngsten Kreistagssitzung, in der Bürgermeister Heinz Paus das neue Vertragswerk vorstellt habe, ihr Veto gegen einen Theaterneubau ohne einen Theatertreff eingelegt. Ein solcher ist aus der Theaterausstattung nämlich gestrichen worden. Kosteneinsparungen (von sieben Mio. auf 6,3 Mio. Euro) lässt sie nicht gelten. Die Intendantin: »Das Theater soll für das Publikum für Stadt und Kreis sein. Dazu gehört ein Theatercafe. Das Publikum hat eine Erwartungshaltung und ein Anrecht auf diese Einrichtung, in der in den Pausen sowie vor oder nach den Vorstellungen kommuniziert werden kann.« Eine Cafe im Umfeld der Kammerspiele ist für Merula Steinhardt-Unseld kein angemessener Ersatz. Im Raum steht die Befürchtung: Wenn der Rat der Stadt heute dem neuen Vertrag zustimmt, ist konkludent das so genannte Raumbuch beschlossen; an der Ausstattung kann dann nichts mehr geändert werden.
Erhebliche Bedenken gegen den Vertragsentwurf meldet die Demokratische Initiative Paderborn (DIP) an, für die der Standort Kötterhagen schon lange abgelaufen ist. Bekanntlich hat die DIP die Florianstraße als Alternative vorgeschlagen. Reinhard Borgmeier zum neuen Vertrag: Bürgermeister Paus und Volksbank-Chef Ulrich Bittihn vermitteln öffentlich den Eindruck als sei mit einem neuen Vertragsentwurf der große Befreiungsschlag gelungen und der Neubau der Kammerspiele könne nun zügig in Angriff genommen werden.« Neu sei das Vertragsverhältnis zwischen Stadt und Volksbank. Das Geldinstitut trete jetzt als alleiniger Bauträger auf. Neu sei, dass nunmehr kein Solitärgebäude entstehen, sondern das Theater in die Bank baulich integriert werden soll. Borgmeier: »Das war dann aber schon alles !« Ob diese vertragliche Konstruktion am Ende dem Brüsseler Vergaberecht entspreche, sei derzeit völlig offen. Borgmeier: »Vor diesem Hintergrund alternativlos weiter zu planen ist mehr als fahrlässig. Das hohe Risiko, das hier gefahren wird, kann am Ende dazu führen, dass am Ende überhaupt kein Theater mehr gebaut wird.«
Die Bündnisgrünen, die im Februar bei ihrer Forderung nach Alternativen noch eingelenkt hatten, ringen heute bis zur letzten Sekunde noch um Meinungsbildung. Sie haben nach eigenen Angaben noch kurz vor der Ratssitzung eine Fraktionssitzung angesetzt. Auch die SPD ringt bis zum Schluss um abschließende Meinungsbildung. Eine für gestern kurzfristig angesetzte Pressekonferenz wurde wieder abgesagt. Man müsse noch letzte Informationen fraktionsintern beraten, hieß die Begründung.
Der Standpunkt der Freien Bürgerinitiative (FBI), die bekanntlich die Überprüfung durch Brüssel veranlasst hat, zum »Kötterhagen-Projekt« ist hinlänglich bekannt. Fraktionsvorsitzender Hartmut Hüttemann betont immer wieder: »Nicht mit uns!«
Bleibt vorerst wohl nur die »dicke Unterschrift« der Mehrheitsfraktion.
Der Beschlussvorschlag: »Der Rat nimmt das Angebot der Volksbank Paderborn-Höxter zum Abschluss eines Vertrages über die Bestellung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit sowie der Begründung des der Dienstbarkeit zugrunde liegenden Kausalverhältnisses nebst Anlagen hinsichtlich des zukünftigen neuen Kammerspielgebäudes im Bereich Kötterhagen an.«

Artikel vom 22.06.2006