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Maßregel zur Bewährung ausgesetzt

Angriff auf Betreuer im Krankenhaus: Espelkamper vor Landgericht


Espelkamp/Lübbecke/Bielefeld (uko). Der brutale Angriff eines Espelkampers auf einen Lübbecker Berufsbetreuer ist strafrechtlich geahndet worden: Das Landgericht Bielefeld ordnete am Mittwoch die Unterbringung des psychisch kranken Espelkampers an, setzte die Vollziehung der Maßregel indes zur Bewährung aus.
Zu dem schwerwiegenden Vorfall kam es am 3. November 2003 in der Psychiatrischen Klinik des Krankenhauses Lübbecke. Berufspfleger Rolf S. (50) besuchte seinen Mandanten Hasan Ö. (30), der dort wegen einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie behandelt wurde. Als S. den Mann über eine finanzielle Regelung informierte, war Ö. zunächst verbal aggressiv geworden. Ein behandelnder Arzt ordnete zunächst eine Medikamentierung des Patienten an, die allerdings nicht unmittelbar wirkte.
Im Verlauf eines zweiten Gesprächs zwischen Patient und Betreuer griff der Türke Rolf S. unvermittelt an, hieb ihm einen Faustschlag ins Gesicht. Der Betreuer prallte mit dem Kopf gegen eine Wand und zog sich schwere Kopfverletzungen zu. In der Folge reklamierte Rolf S. massive psychische Folgen, seinen Beruf vermag er seither nicht mehr auszuüben. Eine Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld sprach dem 50-Jährigen Ende 2005 indes auch 70 000 Euro Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. Zahlen muss der Kreis Minden-Lübbecke als Träger des Krankenhauses: Das Personal der Klinik habe seinerzeit seine Fürsorgepflicht verletzt, die auch die Sicherheit von Besuchern einschließe. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, der Kreis hat gegen den Spruch Berufung zum Oberlandesgericht Hamm eingelegt.
Rolf S. erschien gestern nicht zum Strafprozess gegen den Türken vor der 2. Strafkammer des Landgerichts. Seine Therapeutin hält nach wie vor eine Konfrontation mit dem Täter nicht für möglich. Der Zustand des Betreuers sei »äußerst labil«, Rolf S. könne »dem Zerstörer seiner Existenz nicht gegenübertreten«.
Der Arzt des Lübbecker Krankenhauses, der seinerzeit Zeuge des Vorfalls war, machte indes dem Betreuer schwere Vorwürfe: Rolf S. habe sich im Beisein des Patienten »unprofessionell und empörend« verhalten.
Immerhin soll sich nach den Worten seines derzeitigen Betreuers der Zustand von Hasan Ö. wesentlich gebessert und stabilisiert haben. Die Strafkammer beließ es daher bei einer Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung. Ö. müsse sich jedoch weiterhin therapieren lassen, müsse auch stets seine Medikamente nehmen. Er dürfe sich zudem seinem Ex-Betreuer Rolf S. nicht auf 100 Meter nähern oder gar mündlichen oder schriftlichen Kontakt mit dem Mann aufnehmen.

Artikel vom 22.06.2006