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Die Nation atmet auf:
»Poldi« trifft endlich


G ruppensieg und ungeschlagen ins Achtelfinale einmarschiert - damit hat die deutsche Mannschaft aber nur das Normalste erreicht. Im Grunde hat sie angesichts dieser sehr schwachen Gegnerschaft noch nichts geleistet. Wenn auch die nächsten vier Rivalen die Qualität von Ecuador in seiner gestrigen Form aufweisen, dann wird der Gastgeber garantiert Weltmeister.
Ich habe gestern mit Berlin telefoniert und von einem Insider erfahren können, dass Ecuadors Spieler noch eine Stunde vor dem Anstoß durch den berühmten Zoo geschlendert sein sollen. Und die ersten elf, die zufällig am Löwenkäfig standen, wurden von ihrem Trainer für die Deutschland-Partie nominiert. Natürlich nur ein Späßken von mir. Fakt ist, dass die ebenfalls qualifizierten Südamerikaner diesmal fünf Leistungsträger schonten. Dementsprechend harmlos traten sie auf. Vor allem in der ersten Halbzeit - da trauten sie sich kaum in die Hälfte des Gegners.
Ich kann dem kritischen Premiere-Reporter Marcel Reif nur zustimmen. »Deutschland wurde in der Vorbereitung von Luckenwalde mehr gefordert als von Ecuador«, lautete Reifs Halbzeit-Zwischenbilanz. Aber ich musste mich auch über seine Ballack-Einschätzung ein wenig wundern. Erst kritisierte er den Mittelfeld-Star (»Nur spärlich, was er bisher zeigt«), um kurz darauf die erste richtig gelungene Aktion des Ex-Münchners als »Weltklasse« zu bejubeln. Völlig übertrieben. meine ich.
Gefreut habe ich mich dagegen, dass bei Lukas Podolski der böse Bann gebrochen ist: Endlich ist »Prinz Poldi« sein erstes WM-Tor gelungen, auf das ja so sehnsüchtig gewartet wurde. Jetzt darf die ganze Nation erleichtert aufatmen.
Aber nicht die Torhüter, die mit ihren Teams noch im Rennen sind. Wiederholt wurde von den Keepern beklagt, dass die neuen WM-Bälle fast federleicht und deshalb oft unberechenbar seien.
Eine Entwicklung, die unserem Ex-Nationaltorwart Bodo Illgner zu denken gibt. Von Weltmeisterschaft zu Weltmeisterschaft werde die Kugel immer leichter und zugleich flattriger, monierte der Ex-Kölner. Das erklärt vielleicht auch, warum bei diesen Titelkämpfen relativ viele Treffer per Weitschuss fallen.
Überhaupt hat sich das Spielgerät im Laufe der Jahrzehnte rasant verändert. Noch zu meiner Zeit in den 60er-Jahren wurde - selbst bei Weltmeisterschaften - mit schweren Lederbällen inklusive Schweinsblase gekickt. Da verfärbte sich so mancher Fußball-Zeh grün-blau ...

Herzlichst,
Ihr Reinhard Schröter

Artikel vom 21.06.2006