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»Wir werden weiter kämpfen!«

Rund 100 Gegner der Nordumgehung demonstrieren vor der Ratssitzung

Von Bärbel Hillebrenner
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Dicke Luft herrschte gestern Abend im Rathaus: Rund 100 Gegner der Nordumgehung besetzten den Saal während der Ratssitzung und demonstrierten mit Plakaten und Transparenten gegen »Behördenwillkür« und die »Fehlplanung«. Der Rat hatte einen Antrag der Notgemeinschaft zu beschließen - und die Botschaft der Gegner war ebenso eindeutig wie das Ergebnis der Abstimmung, das auf Empörung der Zuhörer stieß.

Die Notgemeinschaft fordert, dass Vorbereitungen zur Nordumgehung - Bohrungen, Vermessungen, Häuserabrisse - einzustellen sind (WESTFALEN-BLATT 20.6.). Und zwar so lange, bis ein Gericht sein Urteil für oder gegen den Bau gesprochen habe. Denn eine Klage wird es in jedem Fall geben, hatten die Gegner vorab klar gestellt.
Ihre Forderungen hatten sie schriftlich den Politikern übermittelt: auf großen Plakaten, die sie während der gestrigen Sitzung immer wieder hoch hielten; durch verbale Zurufe, die Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann nicht unterbinden konnte; durch Applaus oder Buh-Rufe, die ebenso nicht zu stoppen waren. Die Stimmung kochte.
Fast 40 Minuten lang hatten die Gegner sowohl ihre Appelle an ihre Stadtvertreter gerichtet als auch ihre Fragen gestellt. Zufriedenstellende Antworten bekamen sie scheinbar nicht. Fast hatte es den Anschein, als wenn der Bürgermeister und seine Verwaltungsbeamten nicht mit so einem Beschuss gerechnet hätten. So lauteten dann die Dialoge:
l Frage: »Gibt es eine wirtschaftliche Betrachtung über die Bedeutung der Heilquellen, die bei einem Tunnelbau angeblich gefährdet sein sollen?« Peter Thielscher vom Planungsamt: »Kann ich so spontan nicht sagen!«
l Frage: »Wie hoch könnte denn der Schaden sein, wenn die Heilquellen beschädigt würden?« Mueller-Zahlmann: »Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. Die Gutachten liegen hier nicht vor!«
l Frage: »Warum haben Sie, Herr Bürgermeister, die Bohrungen nach Grundwasser auf dem Hockeyplatz untersagt? Die Notgemeinschaft hätte die Bohrung doch selbst bezahlt?» Mueller-Zahlmann: »Nach Abwägung verschiedener Interessenlagen hielt ich das nicht für erforderlich!« Sein Zugeständnis nach weiterem Bedrängen: »Ich werde aber nochmal darüber nachdenken.«
l Frage: »Inwieweit bringt sich der Stadtrat in die Planungen zur Nordumgehung für die Bürger ein?« Mueller-Zahlmann: »Der Rat war jahrelang beteiligt, hat die Nordumgehung erst abgelehnt, sie dann aber nach Abwägung aller Alternativen für die beste Lösung gehalten. Der Beschluss von CDU, SPD und FDP erging 1993. An diesen Beschluss muss ich mich halten!«
l Niklas Oberschelp, 13 Jahre alt, wollte wissen: »Ist der Rat eigentlich selbst von der Nordumgehung betroffen?« Gemeint hat er die einzelnen Ratsmitglieder, die heute noch - mit Ausnahme von Grüne/Bürgerforum - für die Nordumgehung votieren. Mueller-Zahlmann: »Ohne jetzt Namen zu nennen: Ja, es gibt Betroffene!«
Die Fragen der Zuhörer wurden mit viel Applaus und Zustimmung begleitet - die Antworten dagegen nicht. Fortgesetzt wurden die Unmutsäußerungen auch während der anschließenden Debatte - trotz mehrfach geäußerter Verbote des Bürgermeisters ließen sich die Gegner davon nicht beeinflussen.
Die Debatte betraf schließlich den Antrag der Notgemeinschaft (WB-Artikel 20.6.), der noch einmal von Mitglied Eckhard Grummert begründet wurde. Er richtete vor allem einen dringenden Appell an die Politiker, den Beschluss aus dem Jahre 1993 - als der Rat noch mit teilweise anderen Mitgliedern besetzt war - zu überdenken. Kurt Nagel, CDU-Fraktionschef, sagte als einziger deutlich: »Wir stehen weiterhin zur Nordumgehung!« Rainer Barg glaubt, »dass hier einiges aus dem Ruder läuft. Behauptungen von Behörden sind falsch und sehen so aus, als seien sie konstruiert, um das Ziel durchzuboxen. Die Menschen haben kein Vertrauen mehr«. SPD-Chef Olaf Winkelmann: »Die Planungen laufen in einem geordneten Verfahren und sind rechtsgültig.«
Beschlossen wurde nach hitziger Debatte nun, dass das Modell nicht mehr in Bad Oeynhausen gezeigt wird und die Straßenbaubehörde aufgefordert wird, geltende Vorschriften einzuhalten. Einziges Zugeständnis: Der Bürgermeister soll um ein Gespräch mit der Regierungspräsidentin bitten, in dem - gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden - eine weitere Verbesserung des aktiven Lärmschutzes erörtert werden soll.

Artikel vom 22.06.2006