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»Das wird die beste
WM aller Zeiten«


Schade, dass das Team Elfenbeinküste schon in der Vorrunde die Segel streichen muss. Auch dieser Außenseiter hat in punkto Qualität aufgeholt. Nur zwischen den Pfosten hapert's - doch überragende Torhüter findet man in afrikanischen Mannschaften bekanntlich nur selten. Mit Ausnahme des Keepers von Ghana.
Überhaupt Ghana: Für mich eine wahre WM-Rosine. War schon toll, wie die frisch, fröhlich und frei drauflos kickende Truppe von Trainer Dujkovic die lahmen Tschechen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat. Dank Petr Cech, der zu Recht zum besten Torhüter der Welt gekürt wurde, blieb dem Team von Gentleman Karel Brückner eine höhere Bestrafung erspart. Ich bewundere den Trainer-Senior: Der konnte selbst nach so einer Demütigung noch lächeln.
Aber nicht sein Kollege Marco van Basten, obwohl die Holländer schon im Achtelfinale stehen. Doch von früheren Glanzzeiten sind die Oranjes weit entfernt. Von der berühmten Ajax-Schule sehe ich leider herzlich wenig. Beim mageren 2:1 gegen Elfenbeinküste hatte Torwart van der Sar mehr Ballkontakte als das gesamte Mittelfeld. Die Akteure in diesem so wichtigen Mannschaftsteil waren nach dem Abpfiff sicherlich gut gebräunt, weil sie während der Partie fast immer nach oben in die Sonne und nicht nach der Kugel geschaut haben.
Ein echter Augenschmaus dagegen die Argentinier. Ich kann mich nur Paul Breitner anschließen. »Hinten schrubben sie alles weg. Im Mittelfeld tun sie alles für ihren Supermann Riquelme - und vorne wirbeln mit Crespo und Saviola zwei brandgefährliche Stürmer«, bringt es der »Paule« mit seiner Einschätzung genau auf den Punkt.
Trotz der drei berechtigten Platzverweise und trotz des üblen Fouls eines Kamikaze-Iraners gegen Portugals Figo bei den Gruppenspielen am Samstag - es ist immer noch ein faires WM-Turnier, das aus einem anderen Grund in die Fußball-Historie eingehen wird. Und zwar als die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten. Denn eine derart prachtvolle und heitere Stimmung in und außerhalb der Stadien hat es zuvor nicht gegeben. In Sachen Atmosphäre sind diese Titelkämpfe kaum noch zu toppen.

Herzlichst,
Ihr Reinhard Schröter

Artikel vom 19.06.2006